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2018 nimmt langsam aber sicher Fahrt auf. Und auch wir starten durch mit der ersten Ausgabe des Jahres. Sie führt uns mitten ins Mittelmeer und in die wohl kleinste Hauptstadt Europas. Diese wird aber 2018 sicher touristische Schlagzeilen machen, denn Maltas Hauptstadt Valletta ist eine der zwei europäischen Kulturhauptstädte dieses Jahres. Am 21. Januar ist Eröffnung. Das „Warmup“ beginnt aber bereits in den kommenden Tagen.
Valletta – Minihauptstadt mit Maxiangebot
Die maltesische Hauptstadt könnte in der großen Reihe der Europäischen Kulturhauptstädte eine neue Marke setzen, denn wir reden über eine Stadt mit großer Geschichte, großartiger Architektur, herausragender Kulturtradition und gleichzeitig überwältigender Kleine. Valletta liegt auf einem Felsen am Rand des Meers, misst alles in Allem einen knappen Quadratkilometer und hat etwas über 6000 Einwohner. Kleiner geht’s nicht. Daraus leitet sich schon vor Beginn des Festivaljahres die Tatsache ab, dass sich das Kulturspektakel auf das ganze Land verteilen wird. Zwei Hauptinseln und ein paar “Winzlingshügel” im Mittelmeer: Das ist Malta. Die Fläche des gesamten Inselstaats misst gerade mal 6 Quadratkilometer mehr als das Stadtgebiet von München. Damit sind die Dimensionen abgesteckt und damit ist klar, dass das ganze Land am Kulturhauptstadt-Fest beteiligt sein wird.
Wir haben die Chance genutzt und Valletta im Rahmen eines Malta-Besuchs besichtigt. Valletta, Ende Oktober des letzten Jahres: Die Sonne scheint bei 24 Grad, der Himmel weist kein Wölkchen auf. Der kräftige Wind erfrischt und ist gleichzeitig eine Herausforderung für das Mikrofon, trotz Windschutz. Da heißt es sich immer richtig aufstellen, wenn es darum geht, Töne aufzunehmen. – Das Ergebnis kann sich trotzdem hören lassen.
Prachtvolle Architektur auf modernem Grundriss
Gleich hinter dem Eingang zur Stadt trifft man auf der Triq-Ir Republica also der Straße der Republik das neu erbaute Parlamentsgebäude, das sich, als modernistischer Quaderbau, auf der rechten Seite machtvoll erhebt. Auf den ersten Blick wirkt das Gebäude abweisend, ist doch zur Straße hin kein einziges Fenster zu sehen. Marisa, unser Guide, merkt an, dass man sich darüber keine Gedanken machen solle, denn es gäbe innen genug Helligkeit. Der moderne Bau ist aus dem gleichen, überall auf den Inseln vorkommenden gelben Kalkstein gebaut. Dieser Stein bringt freundliche Helligkeit selbst in die vielen verwinkelten Gassen der maltesischen Hauptstadt. – Wer den Stadtplan aufschlägt wird feststellen, dass der Grundriss der Minihauptstadt dem Schachbrettmuster einer amerikanischen Großstadt von heute ähnelt. Die italienischen Architekten des 16. Jahrhunderts waren clever. Gerade Straßen sorgen für bessere Durchlüftung, sie sind in ihrer ganzen Länge einsehbar und der Transport von Gütern bis Waffen und Munition von einem zum anderen Ende der Stadt ist mehr als einfach. Letzteres war in der frühen Geschichte Vallettas mehr als einmal extrem wichtig.
Ordensbrüder, Katholizismus und Reichtum
Das, was heute als großes Kulturdenkmal auf dem Felsen neben der Hafeneinfahrt steht ist nicht vom Himmel gefallen. Um die Entwicklung Maltas zu vertehen, kommt man zumindest an einer Kurzlektion in Geschichte nicht vorbei. Die Historie beginnt schon 5000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Alte Bauten, wie die Tempelanlage von Giganttija auf der Nachbarinsel Gozo gehen auf die Zeit um 3500 Jahren vor Christus zurück. In der Antike waren Phönizier, Karthager, Römer und Byzantiner auf den Inseln. Die Araber besetzen Malta um 870. Bis 1525 waren dann auch noch Normannen, Deutsche, Franzosen und Spanier dort. Der spanische Kaiser Karl der Fünfte bot Malta um 1525 dem aus Rhodos vertriebenen Johanniterorden als Heimat an. Der Papst stimmte zu und um 1530 zogen die Johanniter auf die Inseln. Sie gründeten die Hauptstadt Mdina. Ein Jahr später bereits wurde Malta von den Osmanen belagert. Mdina – in der Mitte der Insel gelegen bot sich zur Verteidigung nicht gerade an. Also baute man an der Stelle der heutigen Hafeneinfahrt das Fort St. Elmo. Nachdem man eine zweite Belagerung deshalb überstanden hatte, beschloss der damalige johannitische Großmeister Jean de la Valette, auf der Halbinsel hinter dem Fort eine neue Hauptstadt zu bauen: La Valetta. Damit begann die Blütezeit Maltas und man sprach immer öfter statt vom Johanniterorden von den Maltesern.
Unbedingt ansehen
St. Johns Cathedral
sie gehört zweifelsfrei zum Pflichtprogrgamm. Wer das außen so schlichte Bauwerk betritt, wird im Innern erst recht von den Massen an Gold und Marmor erschlagen. Die Ordensherren hatten es nicht so mit der Sparsamkeit. Heute sind Kirchenschiff und darin vorhandene Kunstwerke ein “Must see”. Leider macht das ständige Renovieren nicht nur viel Arbeit, sondern verschlingt auch Unmengen an Geld. Insbesondere das Restaurieren von flächendeckendem 24 Karat-Blattgold kostet Mühe und Euros. Eine religiöse Stimmung will aber trotzdem nicht so recht aufkommen.
Paläste
Der Großmeisterpalast ist sicher eines der prachtvollsten Gebäude. Heute ist der Palazzo Sitz der maltesischen Präsidentin. Der Premierminister besitzt ebenfalls einen eigenen Palast als Dienstadresse. Die Anzahl der Paläste variiert zwar in der Größe und in der Lage, prachtvoll aber sind sie alle. Nur noch wenige Palazzi befinden sich in Privatbesitz. Vermutlich liegt das auch an den Kosten für den Erhalt der Bauwerke. An einigen, wie dem Gebäude des maltesischen Außenministeriums könnte man unaufmerksam vorbeilaufen. Der Sitz des Premierministers steht aber unübersehbar direkt gegenüber vom Eingang zu den “Barakka-Gardens” auf einem großen Platz. Praktisch für Joseph Muscat: Zum Parlament kann er in 5 Minuten zu Fuß gehen. Ob er das wohl tut?
Die Gärten
Sie sind nicht zahlreich und säumen letztlich die Stadt am Rande zum Meer bzw. zum Hafen. Die Gärten sind quasi das grüne Alibi am Rand, denn in der Stadt findet man nur wenig Grün. Die Begründung dafür liefert ebenfalls die Geschichte. Bei ihrer Gründung hatte Valletta keinerlei Wasser zur Verfügung. Erst einige Jahre später wurde es per Aquädukt in die Stadt geleitet. Überfluss war aber nie vorhanden. Das ist der Grund für die sparsame Grünbepflanzung, die sich auf den Stadtrand und die Befestigung beschränkt. Umso beliebter ist heute eine Siesta in einer der Gärten. Von allen hat man einen wunderbaren Blick vom “Valletta-Felsen” aufs Wasser (siehe Titelbild).
Die Stadt als Gesamtkunstwerk
Es gibt viele Sehenswürdigkeiten, Paläste, Kirchen und mehr. Das Gefühl für die maltesische Hauptstadt stellt sich aber erst richtig ein, wenn man die Zeit aufbringt, planlos durch die Straßenquadrate zu gehen. Verlaufen ist, genau genommen nicht möglich. Letztlich kommt man immer wieder auf einer der Hauptstraßen heraus. Auch wenn die Straßen kerzengerade sind, sie gehen kräftig bergauf und bergab. Wen die Kondition verlässt kann aber problemlos einkehren auf einen Kaffee, ein maltesisches bier oder besser einen Wein und je nach Tageszeit auf Pastizzi (vormittags), das sindmit Erbsen oder Ricotta gefüllte Blätterteigtaschen, kunstvolle Torten und Kuchen (nachmittags) oder auch ein gantes Menü mit sehr viel frischem Fisch. Besonders zu empfehlen ist der Lampuki. Leider gibt es diesen schmackhaften Fisch nur in der Fangsaison von Ende August bis Anfang Oktober. Valletta ist touristenfreundlich, denn weite Wege gibt es auf einer Stadtfläche von nicht einmal einem Quadratkilometer kaum. Besonders sehenswert sind die weit verbreiteten maltesischen Balkone, die die Wohnungen nicht nur größer machen, sondern mit ihrem kräftigen Anstrich auch Farbe ins Straßengewirr bringen.
Das Kulturhauptstadtjahr 2018
Alle feiern mit! – Das kulturelle Ritual der maltesischen “Festa” wird in diesem Jahr auch bei den Angeboten zum Kulturhauptstadtjahr eine große Rolle spielen. Wie vielen Katholiken sagt man auch den Menschen auf Malta nach, dass sie gerne feiern, wenn es einen religiösen Anlass gibt. Daraus sind die überall stattfindenden “Festas” entstanden. Sie haben etwas von unserer Kirmes- oder auch Kirchweihtradition. Hier wird dann Tagesfeuerwerk gerne mit einer Prozession kombiniert. Und für die Musik sorgen Blaskapellen, die nach der Prozession gerne durch die Orte ziehen und dann eher für Stimmung und gute Laune sorgen. Der Höhepunkt einer jeden Festa ist aber das abendliche Feuerwerk. – Der Stoff, aus dem diese Träume sind, wird im Kulturhauptstadtjahr eine wichtige Rolle spielen. Der Eröffnung am 21. Januar geht eine Programm voraus, das in Anlehnung an den britischen Begriff, als “Fringe – Festival daherkommt. “Fringe” steht für schräg, schrill, rasant und überraschend.
Und auch der Eröffnungstag soll es in sich haben. Es wartet ein Festival maltesischer Kultur auf den vier Hauptplätzen und in den Straßen von Valletta mit Akrobaten, Theater, sinfonischer Musik und einer Performance mit digitalen 3D Projektionen. Es werden traditionelle Orchester durch die Stadt ziehen. Auf dem alten Marktplatz wird es Marionettentheater geben, Clowns sind da und auch ein menschliches Rad wird durch Teile der Stadt rollen.
Jason Micallef, der Chef der Kulturhauptstadt-Organisation schreibt im Programm zur Eröffnung: Bei Valletta 2018 sei besonders wichtig der kulturelle Diskurs der Gemeinschaft Europas in einer Zeit in der von Trennung, Abspaltung, Abgrenzung sowie geistigen und echten Mauern die Rede sei. – Das gemeinsame Feiern der europäischen Kultur, die unterschiedlich ist und doch so viele Gemeinsamkeiten aufweist. – So fasse ich das mal zusammen.
Das Kulturhauptstadtjahr bietet Hochkultur in Form des bekannten Barockfestivals, des Malta Filmfestivals und es soll gleichzeitig auch Teile von Valletta reanimieren, die drohten in Vergessenheit zu geraten oder zu verfallen. Das ehemalige Rotlichtviertel wurde komplett saniert und bietet heute, auf ganz andere Art, alles für den perfekten Abend. Von Restaurant über Bars, Musikkneipen und Galerien ist Alles vorhanden. Dann gab es da einen Soukh, den alten Markt. Der war in den Jahren völlig runtergekommen und schon fast vergessen. Zum Kulturhauptstadtjahr hat man renoviert und die Organisatoren versprechen eine wundervolle Location und die Chance dort Kultur zu genießen für Einheimische wie Besucher.
Wenn die Sonne untergeht
Es ist nicht mehr als ein subjektiver Wunsch, der real werden möge: Wenn dann die Sonne untergeht, aus dem Hafen ein Kreuzfahrtschiff in die Nacht entschwindet und wieder mal ein Feuerwerk über der großen Historie von Hauptstadt und Hafen abgebrannt wird, dann kann man das Gefühl kriegen, dass es gut ist, kulturelle Vielfältigkeit in Europa zu besitzen und sie gemeinsam mit anderen Europäern zu genießen und zu feiern.
Das Kulturhauptstadtjahr ist ein Grund mehr auf Malta einen Urlaub zu verbringen. Die Urlaubskataloge bieten zahlreiche Angebote. Das Reisebüro berät gerne. – Flugverbindungen von Deutschland nach Malta gibt es mit Air Malta, Lufthansa und Condor.
Information:
Hinweise:
Die Recherche zu diesem Reiseradiobeitrag wurde unterstützt von Thomas Cook, Condor und Visit Malta. Diese Unterstützung hat keinen Einfluss auf eine unabhängige Berichterstattung zum Thema!
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