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Die “100” wird in diesem Jahr in Dessau-Roßlau groß geschrieben. Die meisten Schlagzeilen macht dabei sicherlich das Bauhausjubiläum. Es gibt aber ein weiteres, das vor knapp zwei Monaten die Luftfahrtfans in Entzücken versetzte. Am 25. Juni jährte sich, ebenfalls zum hundertsten Mal, der Erstflug der F13: Hergestellt in den Flugzeugwerken von Hugo Junkers in Dessau. Wer mehr erfahren will übers große Jubiläum, dem empfehlen wir das YouTube Video von Wolfram Peschetz über den Nachbau der F 13 und die Jubiläumsfeier.
Jenem Hugo Junkers, dem wir auch die Fliegereilegende JU 52 zu verdanken haben, wurde zudem ein Denkmal in der Stadt gesetzt. Wer von der Autobahnausfahrt Dessau-Ost über die B 185 in Richtung Innenstadt fährt, dem wird sich der „Junkersche Ikarus“ direkt rechts hinter der Mulde-Brücke präsentieren. Dieser Ikarus ist dem Firmenzeichen der Junkers-Werke nachempfunden und man dankt damit dem Industrie- und Flugpionier für sein innovatives Engagement zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Das Technikmuseum Hugo Junkers
Zweimal “100”. Sie sollten für den Besucher Dessaus kein “Entweder – Oder”, sondern ein “Sowohl als Auch” sein. Wie hatte mir Kunsthistorikerin Anke John im April, während meiner Bauhaustour durch Dessau, schon erklärt: Junkers und Bauhaus gehören unter vielerlei Aspekten zusammen und an der zweiten großen Blüte das Bauhauses in Dessau, war Hugo Junkers zumindest nicht unbeteiligt.
Ort des Geschehens ist diesmal das “Technikmuseum Hugo Junkers”, das von einem Förderverein betrieben wird. Geschäftsführer des Vereins ist Gerd Fucke. Er ließ es sich nicht nehmen, mich persönlich durch die Ausstellung zu führen und im Podcast über sein Lieblingsthema zu reden. Das ist beileibe nicht nur die JU52, das größte Objekt der Begierde im Museum, sondern vielmehr das technische Genie Hugo Junkers. Er steht für viel mehr Innovation, als man gemeinhin denkt. Die Faszination darüber stellt sich Zug um Zug ein und reicht von der Wärmetechnik (Patente für das “Kalorimeter” sowie den Gas-Durchlauferhitzer und den Gas-Badeofen) über Motorenweiterentwicklungen des “Roh-Öler” (Diesel durfte man aus patentrechtlichen Gründen zu dieser Zeit nicht sagen) bis zur Entwicklung der zahlreichen Flugzeuge. Von der “J1” über die “F13” bis zur “JU52” ist es ein langer, wenngleich schneller Weg. All dies wird im Museum nachgezeichnet und vorgestellt.
Die “F13” und die “100”
Die Maschine, die im Museum steht, ist natürlich nicht mehr flugfähig, aber seit 2016 wird die Junkers “F13” in der Schweiz wieder in Kleinserie gebaut und zum Jubiläum war eine dieser Nachbauten nach Dessau geflogen. – Die vielen freiwilligen Helfer des Museums-Fördervereins haben sich zudem etwas Tolles zum Jubiläum einfallen lassen. Es gibt, mit viel Liebe zum Detail gebastelt, im Museum jetzt einen F13 – Flugsimulator. In den kann man, auch als Besucher, einsteigen und testen. Ich war schon im April dort und bleibe diese Erfahrung deshalb leider schuldig.
Gerd Fucke sagt, die “F13” sei die Urgroßmutter des Passagierflugs, schließlich sei es die erste Maschine, die von Beginn an als Passagierflugzeug geplant wurde. Von der Beauftragung Hugo Junkers an seine Ingenieure bis zum Erstflug vergingen nur sechs Monate. Im Podcast wartet die komplette Geschichte der “F13”. Hier ist sie in einer ausführlichen Bilderstrecke zu sehen.
Hugo Junkers und seine technischen Innovationen
Gas und Gasmotoren hakt Junkers, nach der Begenung mit Rudolf Diesel, ziemlich schnell ab. Der Roh-Öler steckt ihm in der Nase und er investiert darin reichlich Geld und Gehirnschmalz. Credo: Erhöhung der Leistung bei Verkleinerung des Maschinenumfangs. Das gelingt.
Zwischen all diesen Motoren, die ebenfalls im Technikmuseum in Dessau stehen, merkt man Museumschef Gerd Fucke an, dass er von Junkers und seiner Persönlichkeit rundum fasziniert ist. Eins greift ins andere, meint er, und ohne Roh-Öler keine weitere Entwicklung in Richtung Luftfahrt. Die Rohölmotoren wurden zunächst für Schiffsantriebe gebaut, allerdings kamen sie bald in der Weiterentwicklung von Flugzeugttriebwerken zum Tragen, beispielsweise in der “G38”, einer viermotorigen Maschine mit einer ganz besonderen Ansiedlung der Passagierkabine zwischen Rumpf und Tragfläche. Flugzeug mit Aussicht. Da wird jeder Flugfan neidisch, der bisher von den Sitzen 1 A und 1 K in der Boeing 747 träumte. Allerdings war es in der “G38” wesentlich lauter. Das überdimensionale Modell macht Eindruck.
Junkers gründete im Übrigen Fluggesellschaften im Ausland (von Asien bis Südamerika), um seine Maschinen zu verkaufen. Auch in der Heimat war er in dieser Hinsicht nicht untätig. Die „Junkers Luftverkehr AG“ existierte bis 1926. Dann fand der Zusammenschluss mit der „Deutschen Aero Lloyd“ zur „Deutschen Luft Hansa“ statt.
Die “JU52”
Sie war in Deutschland der Durchbruch zur sicheren und regelmäßigen Luftfahrt. Ursprünglich war für die Maschine nur ein Triebwerk vorgesehen. Die “Luft Hansa” bestand aber darauf, dass die “JU52” mit drei Motoren ausgestattet werden müsse. Das war 1929/30 sicher eine weise Entscheidung der Manager. Diese drei Motoren machten die “JU52” zum Flugzeug mit dem Ruf, die sicherste Maschine zu sein, die bisher geflogen war. Technische Details, sowie Geschichten und Anekdoten aus den Pioniertagen der “Tante JU” sind im Podcast zu hören. Zu sehen gibt es, hier auf der Seite, eine zweite große Bilderstrecke.
Keine Früchte des Erfolgs für Hugo Junkers
An verschiedenen Stellen im “Technikmuseum Hugo Junkers” Dessau findet man Büsten und Statuen des berühmten Technikpioniers. Gerade als dieser den endgültigen Durchbruch zur Massenfertigung geschafft hatte, gab es Probleme. Hugo Junkers war politisch nicht genehm. Bereits kurz nach der Nazi – Machtergreifung 1933 setzte Hermann Göhring, damals „Reichskommissar für Luftfahrt“ Hugo Junkers unter Druck. Man zwang ihn die Konzernmehrheit an das Deutsche Reich abzugeben. Er wurde enteignet. Junkers erhielt Haus- und Stadtverbot und musste Dessau verlassen. Er zog nach Bayerisch Zell und verstarb zwei Jahre später in Gauting bei München.
Er hatte nichts mehr vom Ruhm der JU52, es blieb ihm aber, als Pazifist, die Entwicklung der Junkers-Kriegsmaschinen JU 88 und des Sturzkampfflugzeugs JU87 (STUKA) erspart. Die “52” war nicht nur Standardflugzeug der “Luft Hansa”, sondern wurde vor und während des zweiten Weltkriegs auch als Frachter, Behelfsbomber und Seeminensuch- bzw. Seeminen-Fernexplosions-Maschine eingesetzt. In Lizenz baute man auch Maschinen in Spanien und Frankreich. Museumschef Gerd Fucke schätzt die Bauzahl der “JU52” auf etwa 4.000 Exemplare.
“Tante JU” heute
Ihr Schicksal scheint inzwischen besiegelt. In deutschen Landen gibt es nur noch eine Maschine, die der Lufthansa gehört. Sie ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr flugfähig, soll jetzt zwar in der LH-Werft in Hamburg restauriert werden, wird aber vermutlich nicht mehr für kommerzielle “Museums”flüge eingesetzt werden. Von der Schweiz aus machte die Gesellschaft “JU-Air” Rundflugangebote bis eine ihrer Maschinen am 4. März des letzten Jahres in einer Höhe von etwa 2.400 Meter in einen Talkessel südwestlich des Piz Segnas stürzte. Alle 20 Insassen kamen ums Leben. Seitdem ruht der Betrieb von JU-Air. Man hofft, nach einer Generalüberholung der verbliebenen drei Maschinen, 2021 wieder starten zu dürfen. Eine Lizenz dafür gibt es allerdings nicht.
So bleibt zunächst nur die Chance, die “Tante JU” auf dem Boden zu besichtigen. Das geht hervorragend im Technikmuseum Dessau. Bei einem Besuch in der Doppelstadt Dessau-Roßlau sollte dieses Museum auf der Besuchsliste ganz oben stehen. Es ist täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Wichtig: Kamera nicht vergessen und im Museumsshop stöbern. Als Luftfahrtfan wird man dort garantiert fündig.
Information:
Technikmuseum Hugo Junkers – Dessau
Hinweis:
Die Recherche zu diesem Reiseradio-Podcast wurde unterstützt vom Stadtmarketing Dessau-Roßlau. Diese Unterstützung hat keinen Einfluss auf eine unabhängige Berichterstattung.
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