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Gerade in Corona-Zeiten ist es wichtig „Social Distancing“ ernst zu nehmen. Unser Reiseziel ist flächenmäßig so groß, dass man sich problemlos aus dem Weg gehen kann. Außerdem ist es für den „typischen Wessi“ meist noch ein Geheimtipp, trotz eines Welt-Kulturerbe-Titels. Wir sind unterwegs im „Gartenreich Dessau-Wörlitz“ in Sachsen-Anhalt. Die Gesamtanlage erstreckt sich auf einer Fläche von 142 Quadratkilometern und das Gartenreich umschließt mit dieser Gesamtfläche einen Großteil der Doppelstadt Dessau-Roßlau.
Einmalige Phantasie für fast Jede(n)
Unendliche Parkweiten, vier große historische Schlösser, Baustile von Barock über Rokoko bis zum Klassizismus. Verbunden über kilometerlange Wege, die weitgehend durch englische Landschaftsgärten und durch die Elbauen führen. Das Gartenreich Dessau-Wörlitz bietet Attraktivität für die unterschiedlichsten Interessen von Adelsgeschichte über Architektur bis zur Landschaftsgärtnerei. Und wer einfach nur in schöner Natur wandern oder Radfahren möchte, wird ebenfalls bedient. Ich habe leider nur einen Bruchteil des riesigen Gartenreichs besuchen können und trotzdem einen ganzen Tag dafür benötigt. Wer sich vom Zauber einfangen lässt, kann ihm für eine ganze Woche erliegen.
„Der Franz, der kannz“
Oder historisch korrekter: Die Idee mit dem Gartenreich und den landschaftlichen Verbindungen zwischen all seinen Schlössern bzw. den Palästen der Vorfahren ist Leopold III., Friedrich Franz von Anhalt-Dessau zu verdanken. Den Grundstein hatten aber schon Opa Leopold I. (der alte Dessauer) und dessen Mutter Henriette Katharina von Oranien gelegt. Wie das mit den Verwandtschaftsverhältnissen ist und wer was zum späteren Schatzkästlein beigetragen hat, erfahrt Ihr im Podcast. Der historische Grundstock geht zurück bis ins Jahr 1396 und endete 1918 mit dem Zusammenbruch von Kaiserreich und Adel nach dem 1. Weltkrieg.
Die Geschichte des Gartenreichs ist auch die Geschichte von Fürst Franz und seiner Neugierde. Ganz der Mode seiner Zeit folgend, machte er sich auf zu Bildungsreisen. Seine längste „Grand Tour“ dauerte immerhin zweieinhalb Jahre und führte u.a. nach Italien, Frankreich und England. Das, was er aufsog, war eine eigentlich abenteuerliche Mischung die von antiker Historie in Italien bis zur Vorindustrialisierung in England reichte. So erklären sich antike Eingangshallen in Schloss Wörlitz aber auch von Dampfmaschinen angetriebene künstliche Vulkane. Der Fürst trug sein ganzes gesammeltes Wissen zusammen und baute es quasi zuhause wieder auf. Er fand Gefallen daran, aber er wollte seine Erfahrung auch an seine „Untertanen“ weiterreichen.
Der Aufklärung und der Religionsfreiheit verpflichtet sorgte er auch dafür, dass Jeder zu den Parks und sogar ins Schloss Wörlitz freien Zugang hatte. Er ließ Obstplantagen im Gartenreich anlegen. Die Früchte wurden verschenkt an Bedürftige. Natürlich war er auch seiner Zeit und seinem Stand als Adliger verpflichtet und so gab es durchaus rauschende Sommerfeste und den einen oder anderen „Partyexzess“, wie man heute sagen würde.
Im Podcast gibt es aber auch die Geschichte von den Eheschwierigkeiten mit Fürstin Luise. Er lebte zwischenzeitlich mit der Gärtnerstochter und Luise soll einen Dichter beherbergt haben. – Wie es ausging? Das ist eine weitere Geschichte, die nicht in Schloss Wörlitz, sondern im Privatpalast der Fürstin, dem „Luisium“ spielt.
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Das Gartenreich als Naherholung
Seit 1918 wird das Gartenbereich von einer Stiftung betreut. Mit Unterbrechungen in der Nazizeit und in der DDR, kümmert sich heute das Bundesland Sachsen-Anhalt um Finanzierung und Erhalt des Gartenreichs. Gleichzeitig gibt es viele Veranstaltungen vom Konzert über Ausstellungen bis zu Festen. (Im Coronajahr 2020 leider eingeschränkt). Die Parks und Gärten und auch die Schlösser lassen sich besichtigen.
Viele Dessauer fahren mit dem Fahrrad ins Gartenreich zur Entspannung. Man kann, als Gast wie Einheimischer, aber auch wandern, punktuell mit dem Auto anreisen oder mit der „Dessau-Wörlitzer-Eisenbahn“ zu den Hauptpunkten des Gartenreichs fahren. Es wartet eine einmalige Landschaftsgestaltung und trotzdem viel Ruhe und Muße, denn auf 142 Quadratkilometern ist es kein Problem ein ruhiges Plätzchen zu finden.
Gesehen haben sollte man…
Schloss Oranienbaum mit Park, Garten und chinesischer Pagode. Auf dem Marktplatz steht zudem das Denkmal mit den goldenen Orangen.
Schloss Wörlitz mit dem Wörlitzer Park, einem der zentralen Punkte der Gartenbaukunst in Sachen „Englischer Landschaftsgarten“. Hier kann man das Schloss besichtigen und zu einer Tour auf den Seen und Kanälen mit Gondeln starten. Regelmäßige Ausstellungen runden das Angebot ab.
Das Luisium besticht durch seine einmalig ruhige Lage. Einfach mal ausgiebig spazieren gehen, das Schlösschen anschauen und die Seele baumeln lassen.
Letztlich Schloss Mosigkau, eine großflächige Rokokoanlage, am südwestlichen Ende des Gartenreichs. Der „alte Dessauer“, Leopold I. hat dieses Kleinod für seine Lieblingstochter Anna Wilhelmine indirekt errichten lassen. Unverheiratet bekam sie von ihm eine Grundstücksschenkung und ließ daraufhin einen Palast bauen. Einer der ersten Ideengeber soll Georg Wenzelaus von Knobelsdorff, der Architekt des Schlosses Sanssouci gewesen sein. Wer Potsdam gesehen hat, kann die Pracht von Schloss Mosigkau erahnen. Heute gibt es gerade dort viele Konzerte und Ausstellungen. Selbstredend kann man, nach einer Schlossbesichtigung im großzügigen Garten „lustwandeln“. Bemerkenswert am Rande: Schloss Mossigkau wurde nach dem Tod von Anna Wilhelmine ein Stift für adlige, unverheiratete Frauen.
Geheimtipp für Gartenreich-Fans
Die „Stiftung Gartenreich Dessau-Wörlitz“ hat vor einigen Jahren begonnen ausgewählte kleine Landhäuser denkmalgerecht zu restaurieren und sie nach Fertigstellung als Ferienhäuser und Wohnungen anzubieten. Wer das besondere Flair schätzt, ist hier richtig.
Bilanz
Die Region um Dessau ist eine Reise wert und dank der historischen Schätze im Gartenreich, dank des Bauhauses und des dazugehörigen neuen Museums und dank wunderschöner Landschaft in den Elbauen wird man nicht mit einem verlängerten Wochenende hinkommen. Für mich war es ein Ausflug in die interessante und gleichzeitig wunderschöne Historie einer Region, die ihren Charme vielleicht erst auf den zweiten Blick erschließt. Dann aber fängt sie einen komplett ein.
Information
Tourismusmarketing Dessau-Roßlau
Ferienwohnungen im Gartenreich
Hinweis:
Die Recherche zum Gartenreich Dessau-Wörlitz wurde unterstützt vom Tourismusmarketing Dessau-Roßlau. Dies hat keinen Einfluss auf meine Berichterstattung. Ein besonderer Dank geht an Anke John.
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