
Podcast: Play in new window | Download (Duration: 36:22 — 33.3MB)
Kostenlos abonnieren: Spotify | Amazon Music | RSS
Wenn die Sauna oder Alkohol nicht helfen, dann stirbt man
Von der Suche nach dem Glücksgeheimnis in Finnlands drittgrößter Stadt

Sollte das wirklich das Geheimnis des, nach Umfragen, glücklichsten Volks der Welt sein? Ja und Nein! Alkohol mag wichtig sein, ist aber unter staatlicher Kontrolle. Sauna ist die Patentlösung für fast Alles, was einem im Leben an Gutem oder auch Schlechtem über den Weg läuft. Nur gibt es natürlich noch sehr viele andere Faktoren.

Ich war auf der Spur, auch nach dem Glück in Tampere. Zur Lektion gehört sicher auch, der Besuch bei Mumintroll und seiner großen Familie. Märchenhaft kommt man auch hier der Lebensphilosophie auf die Spur.

Industriestadt Tampere
Rund 260 Tausend Einwohner hat Tampere. Rechnet man den Ballungsraum dazu, sind es eine gute halbe Million Menschen. Das ist für Finnland, mit seinen nur fünfeinhalb Millionen verteilt auf die vergleichbare Fläche Deutschlands mit 83,5 Millionen Einwohnern, ziemlich viel. Anders gerechnet: In Großraum Tampere leben 10 Prozent der gesamten finnischen Bevölkerung. Trotzdem und vorweg. Ich hatte nie das Gefühl in einem hektischen Großstadtdschungel unterwegs zu sein. Und trotzdem: Das Paradies sieht anders aus, aber das kommt auf den Blickwinkel an.

Wer mit Anja Hakkarainen durch Tampere läuft, erfährt so viel mehr von der einstigen Industriestadt. Papier, Textilien und Metallverarbeitung waren die Big Player. Auch Schuhe wurden produziert. Die Finnen waren in der Zeit der großen Industrialisierung russisch besetzt (1809 bis 1917). Trotzdem wurde investiert und aufgebaut. Einer der Gründer, James Finlayson, kam sogar aus Schottland. Aber auch tapfere Finnen gründeten große Betriebe wie zum Beispiel „Tampella“, Hersteller von Maschine für die Holz- und Papierindustrie, Lokomotiven, Waffen und Verpackung. So siedelte sich immer mehr Industrie an.
Tampere galt mal als das Industriezentrum der nordischen Länder. Heute geht die industrielle Produktion immer weiter zurück. Man hat sich darauf eingestellt und die Wirtschaft transponiert. Finlayson gibt es immer noch. Allerdings werden die Textilien in Indien produziert. Nur das Design ist noch finnisch.

Trotzdem haben die großen Fabrikkomplexe die Stadt geprägt. Heute ist man immer noch damit beschäftigt, alte Gebäude zu restaurieren und neuen Zwecken zuzuführen. Die Menschen leben heute hauptsächlich von neuer Technologie (Die Stadt Nokia gehört auch zum Einzugsgebiet), Dienstleistung und Wissenschaft. Die Universität von Tampere erfreut sich großer Beliebtheit. Im Umland hält sich aber auch die Fabrikation von Papierprodukten, klar bei so viel Wald und Seen.
Glück ist auch Empfindungssache
Anja sagt, das mit dem Glück, beziehe sie in der Hauptsache darauf, dass es nur wenige Statusunterschiede gäbe. Finnland habe wenige Superreiche und wenig arme Menschen. Der Neid aufeinander nehme dadurch deutlich ab. Und die Finnen seien letztlich auch ganz froh, dass sie nur sehr wenige auf großem Gebiet sind. Lebenseinstellung: Aus allem das Beste machen. Der Staat kassiert zwar hohe Steuern, aber soziales Angebot und Sicherheit funktionierten.

Finnland war historisch immer umkämpft und auch immer wieder von den Nachbarn besetzt. Von den Schweden, aber insbesondere von den Russen. Diese russische Besetzung ist bis heute so etwas wie ein Trauma. Der Antrag auf Mitgliedschaft in der Nato, nach dem Kriegsbeginn kam nicht von ungefähr. Russische Kultur und eine russisch-orthodoxe Kirche findet man auch heute noch.
Viel zu sehen und zu erleben
Diese Orthodoxe Kirche gehört zum Besuchsprogramm genauso, wie der Hafen der Stadt, die historische Markthalle, der Dom von Tampere, ein Ausflug auf die bei den Einheimischen beliebteste Insel in Stadtnähe und dank der zwei großen Seen sind wir dann auch noch mit den Kanu unterwegs.
Viel zu sehen und zu schmecken

Die 120 Jahre alte Kaupahalli hat es den meisten Besuchern angetan. Wer eintritt, den erwarten verlockende Köstlichkeiten und Gerüche. 30 Läden und Restaurants sind für die Kundschaft da.

Unser Rundgang war geprägt, von Fisch, Brot und einer ganz besonderen Spezialität, der Mustamakkara. Die „Schwarzwurst“ gehört zu den Lieblingssnacks der Menschen in Tampere.

Zum Abschluss ist auch der Biss in die Munkikahvila fast schon Pflicht. Vergleicht man das Gebäck mit unseren Spezialitäten, kommt man schnell auf: Berliner, Krapfen, Kräppel, Pfannkuchen oder fachlich Schmalzgebäck. Kardamom und Zimt, spielen auch in Finnland eine wichtige Rolle.

In Finnland gibt es außerdem noch einige Überraschungen: In der Sauna trinkt man gerne mal ein Bier. Tradition nach der Sauna isst Lohikeitto, die typisch finnische Lachssuppe, mit Kartoffeln, Lauch, Zwiebeln und dazu gibt’s das ganz dunkle Roggenbrot.
Salmiakki, die Pastillen, auf die angeblich alle Finnen total abfahren, gehört nicht zu meinen Favoriten. Gemacht aus Lakritz, Salmiaksalz und Anisöl sind sie gewöhnungsbedürftig.
Viel zu sehen und zu fühlen
Durch das ehemalige Fabrikareal, das sich zusehends zum schicken In-Viertel entwickelt hat, geht es, nach Überquerung der Stromschnelle des Tammerkoski – Kurzflusses in Richtung Religion und Kultur.
Tampereen tuomiokirkko, die Domkirche von Tampere, ist absolut sehenswert. Lasst Euch die Historie, Baugeschichte und Gestaltung dieser riesigen (1.800 Plätze) Kirche im Podcast erzählen.


Ein wirklich beeindruckendes Bauwerk. Groß, Hoch und trotzdem in ein warmes Licht getaucht. Im Übrigen, natürlich ein protestantischer Dom, seit Tampere Sitz des evangelischen Regionalbischofs ist.

Viel zu sehen und sich bewegen
Wir fahren ein Stück stadtauswärts. Die Häuser werden weniger, die Bäume mehr. Die Straße schrumpft und wir stehen am Näsinjärvi-See. Das eigentliche Ziel: Nicht an den See, sondern auf denselben. Pekka Tyllilä fährt gerne mit bei eine Kanutour.

2 Kilometer hin mit dem Kanu und nach einer Pause wieder 2 Kilometer zurück. Geht ein wenig in die Arme, denn das Paddel hat man selber in der Hand. Pekka passt auf und achtet auf Weg, Steine im Wasser und auch auf eventuelle Untiefen. Eine traumhaft schöne Tour und sportliche Betätigung ist inklusive.


Finnischer Abend
Der Sommer im südlichen Finnland ist kurz aber lichtstark. Diesen zu genießen und zwar genau so, wie es die Finnen machen, gehört dazu. Das Ziel ist dabei ebenfalls klar: Viikinsaari. Eine ganz besondere Insel. Finnische Idylle genaugenommen, fast noch auf Tampere-Stadtgebiet. Eine Fähre bringt einen vom Stadthafen in 20 Minuten hin.

Dieser Ausflug ist auch gern genommene „Pflicht“, mindestens einmal pro Jahr, gerne öfter. Viikinsaari war schon immer eine besondere Insel. Zum Beispiel steht das älteste Restaurant der Stadt auf der Insel.

Einen ganzen Tag dort zu verbringen ist kein Problem. Es warten eine Picknickwiese, natürlich eine öffentliche Sauna, ein Strand natürlich. Man kann „Stand Up Paddle Boards“ mieten oder Fußball spielen.

Wer über Nacht bleiben will mietet sich eine von 5 kleinen Hütten auf der Insel. Ein „Sommerhüttenurlaub“ im Stadtgebiet von Tampere ist schon was Besonderes.

Sommer in Finnland und Sommer in Tampere hat was. Beim nächsten Mal möchte ich länger bleiben und dann gerne einen Ausflug weiter nach Norden machen.
Denn ich möchte einmal etwas nicht sehen: Den Sonnenuntergang im fast tagesfüllenden Sommer.
Information
Hinweis
Die Recherche für diesen Podcast wurde unterstützt von Visit Tampere und Finnair. Meine Meinung wurde davon nicht beeinflusst.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar