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Ich habe viel erlebt, noch mehr gesehen und mit vielen Menschen gesprochen während meines Music-Roadtrips durch den Süden der USA. Es ist so viel Material geworden, dass es eine Weile braucht, alles aufzuarbeiten. – Meine Reise startete in New Orleans und führt jetzt in Richtung Mississippi und Mississippi Delta. Stationen dieser Ausgabe sind Mississippis Hauptstadt Jackson und Indianola, mitten im Delta. Damit ist klar, es geht thematisch vorrangig um den Blues.
Die Tagesbilanz in Jackson, Mississippi
Je länger ich unterwegs bin, desto öfter wird mir klar: Wann immer ich von Musik dieser Region rede, spreche ich von Schwarzer Musik. Die historischen Zusammenhänge habe ich im vorangehenden Podcast begonnen zu schildern.
Der Besuch des “Mississippi Civil Rights Museum” belegt, die Bürgerrechtsbewegung und die Musik gehören ursächlich zusammen. Die Musik spiegelt die Lebensverhältnisse der Afro-Amerikaner wieder. Als ich das Museum verlasse, fahre ich durch Jackson, der Hauptstadt Mississippis. Es ist Sonntag, die Straßen sind wie leer gefegt, nur die schwüle Hitze liegt über der Stadt. Capitol, Kunstmuseum, Industriegebiete: Alles sieht einsam, fast verlassen aus. In den Südstaaten, sagt mir Peter Sharp, Besitzer meines Übernachtungshotels, geht man sonntags in die Kirche, danach eventuell noch zum Essen und dann kehrt Ruhe ein, am Tag des Herrn. Kein Wunder, dass auch mein Hotel den Sonntagsschlaf träumt.
Bei einem abendlichen Spaziergang durch ein schickes Wohngebiet mit kleinen und großen Villen, überkommt mich das Plantation-Feeling. Das „Fairview Inn“ weckt „Vom Winde verweht – Gefühle“, auch wenn es erst lange nach dem Bürgerkrieg gebaut wurde. Das Hotel werde ich demnächst noch gesondert vorstellen, denn es ist eine touristische Wohlfühladresse. Nicht ganz billig, aber jeden Cent wert.
Blues Business ist kein Big Business
Ich bin mit Wolf Stephenson verabredet. Er ist Miteigentümer eines der überlebenden unabhängigen Blues-Labels. Malaco-Records bekam deswegen auch einen der vielen Bluesmarker. Das sind gewissermaßen, touristische Informationstafeln, die einem das Rumkommen auf einer musikalischen Reise vereinfacht.
Malaco liegt in der Nähe der Ausfallstraße, auf der ich Jackson verlassen will. Die Lobby hängt voller Goldener Schallpatten und überrascht. Ja, da sind auch Bluesmusiker dabei, aber die Popmusik ist mindestens so gut vertreten: Von Bob Seger, über Anita Ward bis zu Whitney Houston. Wolf sieht die Firma auch weniger als Blues-Label, sondern bezeichnet Malaco als die letzte existierende Soul-Company. Malaco gehört zu den “jüngeren” Gründungen in der “Independent Szene” und existiert erst seit den späten 1960er Jahren. Wolf Stephenson berichtet über die Anfänge und die Zeiten, als Malaco viele Bluesmusiker produzierte, die von den bekannten Firmen vor die Tür gesetzt wurden. Er berichtet von den frühen Companies, wie Trumpet, Peacock, Chess oder auch Checker-Records. Die Szene war geografisch weit gestreut und reichte bis nach Houston in Texas oder nach Chicago. Gemein war den schwarzen Musiklabels, dass sie, in der Zeit der Rassentrennung, gerne von den Big Playern der Musikszene aufgekauft wurden, inklusive aller Rechte, was viele Musiker, trotz ihrer Hits, in die Pleite trieb. Malaco versuchte einen anderen Weg zu gehen.
Wir reden über die essentiell notwendige Zusammenarbeit mit den Radiostationen, über die Radioszene vom populären Sender XERF in Del Rio in Texas zum Beispiel, dem Sender mit “Wolfman Jack”. Defacto wurde aus Mexiko gesendet und deshalb konnte so viel Sendeleistung abgestrahlt werden, dass man XERF bis nach Australien hören konnte. Das war die Kommerzschiene, aber es gab auch kleinere Stationen wie WLAZ, KAAY oder den ersten “schwarzen Sender der USA” WDIA in Memphis. Wolf Stephenson schwärmt von diesen Zeiten und stellt danach fest, dass sie vorbei sind. Blues und Radio funktioniere nicht mehr und deshalb sei es schwierig. Das ist im Podcast en detail hörbar, inklusive der Antwort auf die Frage, ob der Blues in absehbarer Zeit sterben könnte. Die, die dem widersprechen kommen auch zu Wort, klar!
Es sind zwei hochinteresante Stunden, die wir gemeinsam verbringen. So viel habe ich selten über das Musikgeschäft in den USA erfahren. Auch hier wird klar, dass der Blues und die schwarze Musik für die weißen Plattenfirmen gut genug war zum Geld verdienen. Schwarze Konkurrenz, die dafür gesorgt hätte dass Geld in Künstlerhände kam, wurde aufgekauft, ausgebutet und weggeworfen.
Ich verlasse Jackson und es geht auf die “Mississippi 49” in Richtung Delta.
Next Stop: Indianola, Ms.
Der Grund für den Besuch: Hier hat der “King of Blues” seine Jugend verbracht. Hier ist sein Grab, auf dem Gelände des B.B. King Museums, 2nd Street, in Indianola. B.B. King ist heimgekehrt nach seinem Tod im Mai 2015. Dort warten Malika und Robert auf mich.
Malika Polk-Lee ist die Direktorin des Museums, das eine ganz besondere Geschichte hat. Denn es ist nicht der Normalfall, dass der Gewürdigte sein eigenes Museum mit plant, baut und eröffnet. Im Podcast erzählen Sie und ihr Kollege Robert Terrell, der Betriebsdirektor, die Geschichte der Entstehung eines sehr ungewöhnlichen Museumsprojekts. Das Museum ist jetzt 10 Jahre alt. B.B. King hat es mitgegründet, aufgebaut und bis zu seinem Tod jährlich besucht und ein Konzert gegeben. “Homecoming” nannte er das.
B.B. the Blues Boy
Die Biografie von Rawley King, genannt B.B. für BluesBoy, ist faszinierend und doch vielen seiner mehr oder auch weniger erfolgreichen Kollegen sehr ähnlich. Der Musiker B.B. jedoch war eine Ausnahmeerscheinung. Er war Workaholic in Sachen Musik. Er war Visionär, was die Weiterentwicklung von Musik betrifft. Nicht umsonst, erzählt mir Robert, hat er sich auch in anderen Genres betätigt. So gibt es Aufnahmen mit Stars des Hip Hop, der Countrymusic, mit Opernsänger Luciano Pavarotti hat er gearbeitet, von den vielen Kooperationen im Bereich der Rock- und Popmusik und des Rythm & Blues ganz zu schweigen. Legendär ist hier sicher das Album “Riding with the King”, das die Zusammenarbeit mit Eric Clapton dokumentiert. All das ist im Museum detailliert dokumentiert und erklärt.
Die Story seiner Gitarre wird erzählt. Er taufte sie 1947/48 “Lucille”. In den 1980er Jahren brachte der Gitarrenbauer Gibson aus Memphis eine “Lucille” als Sonderedition heraus. Selbst Fachmann Robert kann nur schätzen, wie viele “Lucilles” es denn gegeben hat. Sein Schluss: Viele!
Auch in B.B. Kings Biografie gibt es einen Link zum Radio. Ohne Radio, in diesem Fall dem erste schwarze Sender der USA, wäre die Karriere eventuell anders verlaufen. Den Anfang machte eine Werbespot für den Sponsor einer Sendung. – B.B. höchstpersönlich erzählt die Geschichte im Podcast.
B.B King – das Gedenken
Wer eine Reise zum Blues macht, der kommt an Indianola, an B.B. King und seinem Museum nicht vorbei. Nach dem Besuch der Ausstellung begleitet mich Robert zum Grab von B.B. King und findet ergreifende Worte. (nachhören im Podcast!) –
Es ist still in Indianola. Die Sonne brennt vom Himmel und die Wolken spiegeln sich in B.B.’s Grabstein.
Der typische Südstaatensommer: Er ist nicht warm, er ist heiß. Es gibt nicht eine hohe Luftfeuchtigkeit, es ist so, als wenn Du in ein feucht-warmes Saunatuch hineinläufst, beim Verlassen des Hauses oder Autos. Dieses Gefühl, gekoppelt mit einer Fahrt auf endlos langen, immer geradeaus führenden Straßen, mit Baumwollfeldern links und rechts, führt dazu, dass Du Dich körperlich müde fühlst. Das Denken wird langsamer, die Bewegung auch. So erklärt sich vielleicht auch die Musik. Wie sagte mir Bluesmusiker Billy Branch aus Chicago: „Du kannst nicht sagen, ich hab den Rock’n-Roll oder den Hiphop, aber Du kannst sagen, ich hab den Blues.“-
Die Reise geht weiter. Nächste Stationen: Cleveland, mit dem Grammy Museum of Mississippi und Clarksdale. Die Leute dort sagen, hier sei der Blues geboren. – Den Sound kriege ich nicht mehr aus dem Kopf.
I’ve Got The Blues!
Information:
Hinweis:
Diese Reise und Recherche wurde unterstützt von Condor, Alamo Rent-a-Car, sowie den Tourismusorganisationen von Mississippi, Tennessee und Alabama. Vor Ort unterstützten mich lokale Tourismusbüros, sowie einige Hotels.
Dies hat keinen Einfluss auf eine unabhängige Berichterstattung!
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