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Der Herbst kündigt sich langsam aber sicher an und ich habe bereits im Mai gelernt, dass die erzgebirgische Küche deftig daherkommt und deshalb ganz besonders gut in den Herbst und Winter passt. Gründe genug diesmal ins Thema LECKER einzusteigen.
Ergebirgisch schlemmen
Ich übernachte auf meiner Tour im “Landhotel Trakehnerhof” in Großwaltersdorf und das mit gutem Grund. Hier, sagte man mir im Vorfeld, könne ich die kulinarischen Angebote der Region nicht nur kennenlernen, sondern auch mit zwei absoluten Küchen-Spezialistinnen reden. Großwaltersdorf liegt im Landkreis Mittelsachsen und gehört zur Großgemeinde Eppendorf. Hier treffe ich „Koch-Olympiade-Köchin“ Steffi Kerber-Reichel und ihre Oma Inge. “Oma Inge” ist im Reiseradio-Talk ganz besonders wichtig, denn sie repräsentiert den traditionellen, erzgebirgischen Teil des kulinarischen Angebots im Trakehnerhof. Im Podcast erzählt Oma Inge alles Wichtige über die Spezialitäten des Erzgebirges. Wir machen Bekanntschaft mit Buttermilchgetzen und ihrer süßen Variante. Klitscher mit Appelmus, Rouladen und natürlich dem traditionellen Weihnachtsgericht dem “Neunerlei”. Ihre Enkelin Steffi, Küchenchefin im Trakehnerhof ergänzt fachkundig. Selbstverständlich ist auch von süßen Verführungen die Rede, von Torten und Kuchen. Oma Inge kommt gerade aus der Küche. Dort hat sie an ihrem berühmten Mohnkuchen gearbeitet, der noch warm ist. Den müsse ich unbedingt probieren. Sprichts und sorgt wie selbstverständlich dafür, dass am nächsten Morgen ein Stück Mohnkuchen auf meinem Frühstückstisch steht.
Oma Inge – Energiebündel mit 80
Oma Inge ist inzwischen 80 Jahre alt und “kocht seit 50 Jahren”, sagt sie. Sie hat nach vielen Jahren “LPG-Kantine” mit Mann, Tochter und Schwiergersohn den Trakehnerhof zu Silvester 1990 eröffnet. Das geschah genau an der Stelle und in dem Gebäude, das die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft beherbergte. Seitdem ist viel geschehen. Es wurde umgebaut, verbessert, renoviert und restauriert. Der Familienbetrieb und der familiäre Zusammenhalt existieren bis heute. Alle arbeiten und leben unter einem Dach. Nach einigen gesundheitlichen Problemen hat Inge aber jetzt beschlossen etwas kürzer zu treten, schließlich wolle sie ja auch noch etwas von ihren neun Urenkeln haben. Das hindert sich aber nicht daran (siehe Mohnkuchen) regelmäßig in der Küche zu stehen. “Wenn Montag und Dienstag Ruhetag ist”, sagt sie, “helfe ich bei meinem Sohn noch etwas aus.” Der betreibt in der unmittelbaren Nachbarschaft einen Reiterhof. Die Gäste im Landhotel können dieses Angebot natürlich nutzen. Wofür hält die Familie sonst zusammen.
Enkelin Steffi – der Küchenstar
Steffi Kerber-Reichel hat sich in die ehrgeizigen Pläne ihrer Eltern schon früh eingeklinkt. Sie absolviert ab 2002 eine Kochlehre im “Landhotel Baumwiese” in Dresden-Boxdorf, arbeitet danach im Hotel & Restaurant “Goldener Hahn” Finsterwalde, im Schwarzwaldgasthof “Zum Goldenen Engel” im Glottertal und im Hilton in Berlin. Mit 19 Jahren wurde sie als jüngstes Team-Mitglied in die Deutsche Koch-Nationalmannschaft aufgenommen; wurde Olympiasiegerin und Vize-Weltmeisterin. Seit 2007 ist sie Küchenchefin im “Trakehnerhof”. Wer mit guter Ausbildung und nach einer Tour durch unterschiedlichste Restaurants in den Familienbetrieb zurückkommt, hat Pläne. Im Podcast berichtet sie von ehrgeizigen Ideen, aber auch von den Startproblemen. “Das war am Anfang vermutlich zu viel Innovation”, meint sie, “aber wir haben das in den Griff bekommen”. Heute laufen Traditionsgerichte und kulinarische Innovationen parallel. Beide finden großen Anklang.
Kochwerkstatt
Seit geraumer Zeit gibt es im Haus auch eine Kochwerkstatt. Zusammen mit ihrem Co-Küchenchef Martin Deutschmann veranstaltet Steffi Kerber-Reichel Kochkurse. In diesem Monat eröffnet sie die neue Kursküche. Dann wird das gemeinsame Kochen mit Profis sicher noch mehr Spaß machen. Italienische Küche, Fischmenüs, Spargelvariationen, Wildkräuterambitionen und eine Pralinenwerkstatt stehen auf dem Kursplan. Anfang Dezember wird es aber auch einen Kursabend zur Zubereitung des klassisch-erzgebirgischen Weihnachtsgerichts, dem Neunerlei, geben.
Die Sache mit den Pferden
Der Name Trakehnerhof kommt nicht von ungefähr. Oma Inges Mann war Leiter der LPG und begeisterter Pferdezüchter. Im Podcast erzählt Oma Inge vom Beginn mit einer fixen Idee bis zur anerkannten Pferdezucht-LPG und regelmäßigen Reitturnieren in Großwaltersdorf. “Alles Vergangenheit”, sagt sie. Immerhin, der Reiterhof lässt die “Idee vom Pferd” nicht gänzlich sterben. Natürlich sei klar gewesen, dass der eigene Landgasthof und das Hotel genau diesen Namen tragen müsse.
Eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte
Restaurant und Landhotel Trakehnerhof in Großwaltersdorf im Erzgebirge. Dies ist ein echter Familienbetrieb und irgendwo auch eine sächsische Erfolgsgeschichte nach der Wiedervereinigung. Man musste eben anpacken und selber machen. Familie Kerber – Richter hat genau das getan. Der Erfolg stellte sich ein und letztes Jahr feierte man das 25 jährige Jubiläum des Betriebs. Im Gegensatz zu vielen Landgasthöfen klagt Steffi Kerber-Reichel nicht über Besuchermangel, eher über Personalmangel. Letztlich könne sie deswegen nicht mehr alle Reservierungen annehmen, obwohl genügend Platz vorhanden sei.
Nach meinem Gespräch mit Steffi und Oma Inge habe ich mir die Empfehlung der Küchenchefin bestellt (Podcast). Es war köstlich und ich habe wundervoll im gemütlichen Hotelzimmer geschlafen bis zum nächsten Morgen und zum Frühstück. Apropos Frühstück. Herzlicher geht es morgens nicht. Seinen Platz muss man nicht lange suchen, denn es steht ein Namensschildchen auf dem Tisch mit einem freundlichen Morgengruß. Man fühlt sich als Gast bei Freunden. – Ein echter Erzgebirgstipp zum Selbertesten. Ich will da jedenfalls nochmal hin.
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Hinweis
Die Recherche zu diesem Reiseradio-Podcast wurde unterstützt von Erzgebirge-Tourismus. Diese Unterstützung hat keinen Einfluss auf eine unabhängige Berichterstattung.
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