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Die Hohenzollern in Franken
Wer sich mit Geschichte nur so la la beschäftigt, könnte meinen, da stimme was nicht. Die Hohenzollern, das ist doch das Adelsgeschlecht mit der Burg auf der Schwäbischen Alb und die gehört garantiert nicht zu Franken. Das stimmt. Doch die Schlagzeile stimmt auch. Es gilt also auch ein Verwirrspiel aufzuklären. Das fränkische “Game of Thrones” können wir nicht präsentieren. Allerdings beginnen die Zeitansätze genau dort, wo “Westeros” auch angesiedelt ist. Die Hohenzollern. Wo kamen sie her? Wo gingen sie hin? Und wer waren sie?
Auf der fränkischen Cadolzburg waren sie Boss, die Hohenzollern. Genau genommen, eine Linie der weit verzweigten Dynastie war es. Die schwäbische Linie ist seit 1062 belegt, die fränkische ab 1192. Da waren sie Burggrafen von Nürnberg. Und wie wir in unserer letzten Reiseradioausgabe erzählt haben, war das Verhältnis zwischen Burggrafen und der Stadt Nürnberg nicht so dolle. Also setzten die fränkischen Hohenzollern alles daran den Machteinfluss in der Umgebung zu festigen. Heute würde man sagen, dass die Herrschaften durch geschicktes Networking und taktisches Heiraten ihre Macht immer weiter ausdehnten. So herrschten sie dann ziemlich schnell auch rund um Nürnberg in Bayreuth und Ansbach, hatten auf dem Weg zur Macht Klöster und Stiftsanlagen gebaut. Etwas weiter weg besorgten sie sich Machtpositionen in der Mark Brandenburg und sogar in Ostpreußen. Die preussische Linie verselbstständigte sich und wurde letztlich die Mächtigste. Der letzte Hohenzollernkaiser Wilhelm der Zweite, dankte erst 1918, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ab.
Cadolzburg – die Reise ins Mittelalter
Das hohenzollersche Paradeziel im Jahr 2017 ist ohne Frage die Cadolzburg im gleichnamigen Städtchen. Diese Burg sieht nicht nur machtvoll aus, sie birgt seit Mitte Juni auch einen besonderen Schatz. Die frisch eröffnete Ausstellung „Herrschaftszeiten – Erlebnis Cadolzburg.“ Uta Piereth ist Kuratorin dieser spannenden Ausstellung und erzählt im Reiseradio von der Gründerzeit der fränkischen Hohenzollern und vom Leben auf der Burg im 15. Jahrhundert. Die Burg hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich und konnte erst durch einen bayerischen Landtagsbeschluss, Ende der 1970er-Jahre gerettet werden. Seit Ende Juni steht sie wieder in voller Pracht dem Besucher zur Verfügung. Die dazugehörige Ausstellung konzentriert sich auf das höfische Leben des 15. Jahrhunderts. Auch im Mittelalter galt schon: „Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen“. Dementsprechend hat man auf dem Vorhof einen historischen Garten angelegt, um die Pflanzen zu züchten, die damals eine wichtige Rolle bei der Ernährung spielten: Butterkohl, Roter Spitzkohl, unterschiedlichste alte Getreidesorten, aber auch eine Bienenweide. Diese ernährt die Bienenvölker, die in alter Imkertradition gehalten wurden.
Von Kohl, Rosinen, Fleisch und deren Zubereitung
Die Pflanzen und sonstigen Lebensmittel, wie Fleisch und Fisch, mussten in Essbares verwandelt werden. Wer gleichdrauf im Burghof steht, schaut auf einen riesigen Kamin. Drunter und drinnen muss die Küche gewesen sein. Das, was aus den Töpfen herauskam, bestand nicht nur aus ganz anderen Lebensmitteln, die Gerichte schmeckten auch anders. Wer sich auf der Burg als Gruppe zu einem Kochkurs anmeldet, wird merken, dass Zubereitung und Zutaten des Mittelalters gänzlich anders waren. Große Herrscher hatten aber trotzdem ihre liebe Not mit den Regeln. In der Fastenzeit auf Fleisch zu verzichten war hart. Also machte man den im Wasser lebenden Biber zum Fisch und die Welt der Regeln war wieder in Ordnung. Auf der Führung bekommt man das erklärt, sieht auch die Rezepte und darf sogar von einer mittelalterlichen Knabberei probieren.
Regieren inklusive
Natürlich wurde auf der Cadolzburg auch regiert. Die Machtausdehnung musste ja fortgeschrieben werden. So sind natürlich auch zahlreiche Ausstellungsstücke der hohenzollerschen Machtpolitik gewidmet. Bis hin zu Kriegswaffen und Helmen, die man natürlich selber aufsetzen kann. Wer historisch interessiert ist, bekommt zudem einen sehr guten Überblick über die politische Situation der Zeit. Ein Besuch ist für die ganze Familie geeignet, denn auch für die Kids gibt es wundervolle interaktive Spielereien.
Tipp: Wer die Nürnberger Gegend erkundet, sollte einen Stopp auf der Cadolzburg einlegen.
Die Klosterreise
Auf dem Weg zu den Hohenzollern im 17. Und 18. Jahrhundert und damit ins Residenzstädtchen Ansbach passiert man zwei erwähnenswerte Orte. Diese sind religiös geprägt. Und in der Geschichte spielt unser Adelsgeschlecht natürlich wieder eine wichtige Rolle.
Langenzenn
Langenzenn, von den Hohenzollern im 13. Jahrhundert erworben, zeichnet sich durch sein Kloster aus, das mitten im Städtchen liegt. Sehenswert für Architekturfans: Es verfügt über einen besonders gut erhaltenen Kreuzgang. Bei einem Kirchenbrand im 14. Jahrhundert war eine schwarze angekokelte Statue das einzige geistliche Relikt. Maria hatte überlebt. Stadt und Kloster wurden dank der „Schwarzen Maria“ zum Wallfahrtsort. Der Machteinfluss unserer Hohenzollern hielt bis in die Neuzeit. Noch Ende des 19. Jahrhunderts spendierten gleich zwei Kaiser ein neues Fenster für die Klosterkirche. – Mal ganz jenseits der großen Historie ist Langenzenn ein wirklich zauberhaftes und verträumtes Städtchen. Wer auf kulinarische Genüsse statt historisch-geistlicher Ergötzung steht, dem sei zudem noch der Gasthof Seerose empfohlen. Hier gibt es noch echte fränkische Küche von den Rostbratwürsten über Schäufele bis zum Karpfen, der von September bis April ebenfalls für die fränkische Küche steht.
Heilsbronn
Auch hier wartet ein Kloster, ein Stift mit Kirche genau genommen. Nicht zu verwechseln mit Heilbronn. Im Mittelalter wäre diese Verwechslung übrigens nicht passiert. Zu dieserZeit war das Zisterzienserkloster weithin bekannt, bekannter sogar als die nahe gelegene Reichsstadt Nürnberg. Die Frage nach Ansiedlungen hätte damals wohl geheißen: “Wo liegt Nürnberg?” Die Antwort wäre gewesen: “Ganz in der Nähe des Klosters Heilsbronn”.
Ein lebendes Kloster gibt es schon seit der Reformation nicht mehr. Nach den reformatorischen Regeln wurde es aufgelöst und es entstand eine Schule. Der Kreuzgang wurde damals, der neuen Logik entsprechend, abgerissen. Davor spielte es aber eine wichtige Rolle in der Familiengeschichte der Hohenzollern, denn die hatten schon im 13. Jahrhundert beschlossen, dass das Kloster Heilsbronn ihre letzte Ruhestätte sein sollte. Dementsprechend oft waren sie auch dort und das Kloster stand lange Zeit unter dem Schutz der weltlichen Herrschaft. Das legte sich erst mit der Reformation bzw. mit dem dreißigjährigen Krieg, der die weltlichen Herrscher zwang, sich selber zu verteidigen. Für den Schutz der Klöster blieb dann in der Regel kein Personal mehr übrig. Die Stiftskirche ist aber wegen der hohenzollerschen Hochgräber noch heute einen Besuch wert.
Ansbach und der “Wilde Markgraf”
Waren einige der Hohenzollern durchaus im Kloster zugange so zog es den anderen Teil der Familien in Richtung Ansbach und in die Ritterausbildung. Daraus wiederum entwickelte sich die Herrschaft der Ansbacher Markgrafen und denen ist Vieles zu verdanken, was im Stadtbild von Ansbach heute prachtvoll daher kommt. Allem voran das Residenzschloss. Im 16. Jahrhundert erbaut, im 18. Jahrhundert erweitert, steht es mitten in Ansbach als Symbol der Markgrafen und dem Repräsentationswahn der Hohenzollern. Die Markgrafen ließen sich ihre Herrschaft ganz gut was kosten. Wer die Residenzführung mitmacht erfährt viele interessante Details über die Herrscher des 17. und 18. Jahrhunderts in Ansbach. Sollte man machen! Der sogenannte “Wilde Markgraf” zum Beispiel hatte es eigentlich nicht so sehr mit dem höfischen Pomp. Er ging viel lieber auf die Jagd und war eher den weltlichen Genüssen aufgeschlossen. Darüberhinaus muss er ein echter Exzentriker gewesen sein. Im Reiseradio erzählen wir diverse Anekdoten über den Herren.
Das Ende der markgräflichen Herrschaft
Einige Jahre und Generationen später schlug dann auch das letzte Stündlein der Markgräflichen Herrschaft. Der letzte Markgraf Alexander verhökerte sein Ansbach an die preußische Verwandtschaft. Die hatte aber nicht lange etwas davon, denn ein gutes Jahrzehnt später veränderte Napoleon die komplette poltische Landkarte, auch die von Franken und Ansbach. Ald dieser Spuk vorbei war, kam Ansbach zu Bayern. Das hören die Ansbacher bis heute nicht gern, denn hier ist man zu allererst Franke und viel später irgendwann einmal Bayer. Was blieb war das Schloss, die später dazugekommene prachtvolle Orangerie und auch einiger Pomp in Kirchen, an Stadttoren und mehr. Das Volk hats bezahlt. Heute allerdings können sich die Ansbacher glücklich schätzen, denn so viel Sehenswürdiges hat nicht jede Stadt in Mittelfranken zu bieten. Ansbach im „romantischen Franken“ – wie die Tourismuswerbung sagt – zehrt heute ganz klar von der “Spinnerei” der Markgrafen.
Das Erbe und die Rokoko-Festspiele
Jährlich lebt der Markgraf wieder auf. Immer Ende Juni erwartet Ansbach-Besucher ein tolles Spektakel. Die Rokoko-Festspiele sind zum festen Anziehungspunkt von Touristen und Einheimischen geworden. Pate stand eindeutig und bis heute der sogenannte „Wilde Markgraf“ und ein Theaterstück das einst geschrieben wurde. Daraus entwickelten sich, im Lauf der Jahre, die jährlichen Festspiele. Den Theateraufführungen folgten Tanzdarbietungen, Szenische Veranstaltungen und Aktivitäten sowohl in der Orangerie, als auch in der Stadt.
Wir hatten das große Vergnügen den Eröffnungsabend 2017 mitzubekommen. Ein „Sommerliches Maskenfest“ war angesagt. Der ausrichtende Heimatverein hatte Alles gegeben an Tanztraining, Kostümvorbereitung und Choreographie. Im Garten vor der Orangerie setzte schon früh das Maskentreiben ein. Solange bis die werte Gästeschar Platz genommen hatte.
Eine wundervoll historische Atmosphäre entfaltete sich. Und es wäre ein perfekter Abend gewesen, hätte nicht der Wettergott mit einem heftigen Gewitter dazwischen gefunkt. Das war schade, insbesondere für die Akteure, die jedes Jahr viele Stunden, Tage und Wochen investieren. So wurde es ein nasses Spektakel bei dem die Akteure tapfer durchhielten. Schade, an einem lauen Sommerabend wäre das Vergnügen mindestens doppelt so groß gewesen. So hofft man auf das nächste Jahr, wenn die Festivitäten vom 29. Juni bis zum 3. Juli über die hochherrschaftliche Bühne gehen sollen. Der Besuch lohnt und Freunde solcher Spektakel sollten sich rechtzeitig um Karten und ein Bett für die Nacht kümmern. Denn wann hat man schon einmal die Gelegenheit mitten in einem Fest des „Wilden Markgrafen“ von Ansbach zu sitzen und sich an höfischer Feierlaune des 18. Jahrhunderts zu erfreuen? So bleiben die Hohenzollern nicht nur als machthungriges Adelsgeschlecht hängen, sondern vermitteln ein wenig von der schönen Seite der angeblich so guten alten Zeit mitten in Mittelfranken.
Am nächsten Tag dann sollte man Ansbach genießen. Eine gemütliche und Charme ausstrahlende Kern .stadt lädt ein zur Erkundung vieler weiterer historischer Ereignisse, Erinnerungen und Erzählungen. Machen Sie eine Stadtführung oder lassen Sie sich durch die Altstadt treiben. Es gibt viel zu sehen und die Geschichten werden auch nicht alle. Die Story von Kaspar Hauser zum Beispiel, der in Nürnberg auftauchte, später ins Ansbach lebte und auch hier auf seltsame Weise ermordert wurde. Woran das gelegen haben könnte, erfährt man in einer ganz speziellen Führung. Die Ansbacher geben aber auch zu, dass es ihnen sehr recht ist, dass Herkunft und Todesgrund im Dunkeln liegen: Je dunkler die Legende, desto größer das Interesse. Ansbach jedenfalls ist die Reise wert!
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Hinweis:
Die Recherche zu diesem Reiseradiobeitrag wurde unterstützt von Franken-Tourismus. Dies hat keinen Einfluss auf eine unabhängige Berichterstattung zum Thema.
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