DRR News 17.06.20 – Protest / Kreuzfahrt / LGW / LH

Abendstimmung in Fort Lauderdale Beach
Foto: Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD

Protesttag

Es ist nicht der Erste und es wird vermutlich auch nicht der Letzte sein. „Zeig Dein Gesicht“ – Reisebüroexpedient*innen protestieren heute wieder in Berlin für ihren Berufstand und fürs Überleben. Geplant ist unter anderem der Marsch zum Reichstag. Auch deutsche Busunternehmer protestieren heute erneut in Berlin.

Ziel des Protestmarschs der Branche: Reichstagsgebäude Berlin

Corona-Warn-App

Die erst seit gestern zur Verfügung stehende für Deutschland offizielle Warn-App des Robert-Koch-Instituts war am ersten Tag ein absoluter Download-Renner. Wie das ZDF heute Morgen berichtete, gab es für die App innerhalb der ersten 24 Stunden über 2 Millionen Downloads.

EU-Infowebsite für Reisen

Die Reisewarnungen innerhalb Europas sind, mit Ausnahme von Schweden, eingestellt. Trotzdem gibt es in den einzelnen Reiseländern unterschiedliche Regelungen und Vorgaben. Die EU hat dazu jetzt eine Website freigeschaltet, die Auskunft über die jeweiligen Landesregelungen zusammenfasst. Wer innerhalb Europas verreist, kann hier Details nachlesen und sich auf die jeweils geltenden Regeln vorab einstellen.

 

Türkei-Reisewarnung bleibt

Nach einer Steigerung der Infektionszahlen hat das Robert Koch-Institut die Türkei weiterhin als Risikogebiet eingestuft. Damit sind die Hoffnungen auf eine baldige touristische Öffnung der Destination erst einmal wieder in die Ferne gerückt. Reiseveranstalter dürften nicht begeistert sein. Die türkische Regierung fordert bereits seit Wochen ein Ende der Reisewarnung und versichert alles Notwendige für einen sicheren Urlaub getan zu haben. Dies könnte sogar stimmen. Da die Türkei ihre Infektionszahlen aber nicht nach Regionen auf splittet, fließen die Zahlen des gesamten Landes ein und verwässern möglicherweise das Ergebnis.

Kreuzfahrt

Norwegen nur auf dem Wasser

Hurtigruten vermeldet eine erste Nordwegen-Fjord-Kreuzfahrt. Das Expeditionsschiff „Fridtjof Nansen“ soll am 26. Juni von Hamburg aus in Richtung norwegische Küste starten. Die Kreuzfahrt soll zwei Wochen dauern und ist exklusiv für deutsche Gäste. Das Erlebnis wird aber ausschließlich an Bord stattfinden. Landausflüge stehen, aufgrund der norwegischen Einreisebeschränkungen bis Mitte August, nicht auf dem Programm. Das Schiff ist das jüngste in der Hurtigrutenflotte und besticht durch seinen nachhaltigeren Hybridantrieb. Es ermöglicht dem Schiff kurze Distanzen mit Elektroenergie zurückzulegen. Insgesamt soll das Schiff, bei normalem Einsatz 3.000 Tonnen Kohlendioxidausstoß pro Jahr einsparen.

KfW-Kredite

Der Bund gewährt ausländischen Reedereien weitere Kredite der KfW Bank zur Absicherung der Abnahme von Kreuzfahrtschiffen, die auf deutschen Werften gebaut wurden und werden. Insbesondere die Meyer-Werft in Papenburg war in finanzielle Schieflage geraten, da mehrere Reedereien bestellte und teilweise fertige Schiffe nicht abnehmen wollen. Das ARD-Fernsehmagazin Panorama hatte darüber in der letzten Woche berichtet. Die Maßnahme soll, ganz praktisch, eine Schuldenstundung ermöglichen und damit gewährleisten, Stornierungen von bestellte Schiffen zu verhindern. Weitergehende Hilfsforderungen von Werften, Reedereien und Werfteigentümern stehen an. Die Meyer-Werft hat als Soforthilfe einen weiteren KfW-Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro verhandelt. Der Kreuzfahrtkonzern Genting, dem die MV-Werften gehören möchte gerne eine Soforthilfe von 600 Millionen Euro. Die Größenordnung des Gesamtpakets beläuft sich auf 25 Milliarden Euro. Das, was in den Boomjahren als sicheres Kreditgeschäft galt, fällt jetzt Reedereien, Werften und vor allem den finanziellen Absicherern auf die Füße.

Meyer Werft Papenburg: Blick in die große Werfthalle

Skepsis bei Fachleuten

Das Fachmagazin „Travel Weekly“ hatte einen Cruise-Spezialisten zum Interview gebeten. Larry Pimentel war bis April Chef von Azamara, der Kreuzfahrttochter der Royal Caribbean Cruises. Er äußert sich skeptisch über eine baldige finanzielle Erholung des weltweiten Kreuzfahrtgeschäfts. Die Einnahmen würden gerade auch im Jahr 2021 nur sparsam sein, da bei einer Erholung der Reisesituation, dann viele Gäste die Reisegutscheine von stornierten Cruises des Jahrs 2020 einlösten, die keine zusätzlichen Gewinne erwirtschafteten. Er setzt auf den Einsatz einiger großen Schiffe, die von den USA aus allenfalls die reedereieigenen Badeinseln anfahren könnten. Darüber hinaus hätten allenfalls kleinere Schiffe im Expeditions- oder Luxussegment Chancen auf dem zusammengebrochenen Markt. Für neue und bestellte Schiffe gäbe es derzeit keinerlei Bedarf.

Luftfahrt

4 Milliarden Euro Rückforderung

Ein Großteil der gesetzlich garantierten Rückzahlungsforderungen hängt weiter in der Luft. Trotz gegenteiliger Versicherungen der Airlines warten Kunden in Deutschland aktuell noch auf rund 4 Milliarden Euro, die zum Teil schon seit Wochen erstattet werden sollten.

Die verzögerten Rückzahlungen treffen nicht nur den Privatkunden, sondern insbesondere Reisebüros und kleine, wie mittlere Reiseveranstalter. Viele Veranstalter haben bereits Rückzahlungen für stornierte Reisen an die Kunden geleistet, warten aber seit Wochen auf die Erstattung bezahlter Tickets von Fluggesellschaften. Das ergibt ein doppeltes Finanzloch und ist einer der Hauptgründe für die finanzielle Schieflage des Reisevertriebs in Deutschland.

LGW wird liquidiert

LGW/Eurowings Dash-8 – Foto: Eurowings

Zeitfracht, der derzeitige Eigentümer der LGW (Luftfahrtgesellschaft Walter) hat angekündigt den Geschäftsbetrieb der auf sogenanntes Wet-Leasing“ spezialisierten Airline Ende Juni einzustellen. Zeitfracht hatte LGW nach der Pleite von Air Berlin aus der Insolvenzmasse erworben. Die Turboprop-Maschinen von LGW waren zuletzt hauptsächlich im Auftrag von Eurowings unterwegs. Da Eurowings im April die LGW-Verträge kurzfristig gekündigt hatte, stand die Airline fast ohne Auftraggeber da und musste Insolvenz beantragen. Insbesondere die Pilotengewerkschaft VC kritisiert das scharf und verweist darauf, dass LGW-Piloten jetzt, ohne geringste Sicherung, in die Arbeitslosigkeit geschickt würden.

Lufthansahilfe gefährdet?

LH weist heute in einer Pressemitteilung auf die mögliche Gefahr des Scheiterns bei der erforderlichen Zustimmung zum Hilfspaket der Bundesregierung hin. Gründe dafür sieht man in der potentiellen Struktur der anwesenden Aktionäre, die bei der Hauptversammlung in der nächsten Woche dem Paket zustimmen müssen. Insbesondere die Erhöhung des Aktienpakets des größten Einzelaktionärs Heinz-Hermann Thiele bereitet dem Lufthansa-Vorstand Kopfzerbrechen. LH schreibt:

Der Vorstand geht aktuell davon aus, dass die Präsenz bei der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni unter 50% liegen wird. Er hält es angesichts der jüngsten öffentlichen Äußerungen des größten Einzelaktionärs, Heinz-Hermann Thiele, für möglich, dass das Stabilisierungspaket die in diesem Fall erforderliche Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen verfehlen könnte. Dies würde bedeuten, dass die Deutsche Lufthansa AG möglicherweise zeitnah zur Hauptversammlung ein insolvenzrechtliches Schutzschirmverfahren beantragen müsste, wenn es dann nicht unverzüglich zu einer anderen Lösung kommt.

Heinz-Hermann Thiele hat sich in einem gestern Abend veröffentlichten Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisch über die Konditionen des mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Bundesrepublik Deutschland ausgehandelten Stabilisierungspakets geäußert und seine Zustimmung offengelassen. Im Interview gibt er an, seinen Anteil am Grundkapital der Deutschen Lufthansa AG auf über 15% erhöht zu haben und dies der Gesellschaft auch offiziell mitzuteilen.

Nach dem Wirtschaftsstabilisierungsbeschleunigungsgesetz ist bei einer Präsenz von unter 50% eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen für die Annahme der Stabilisierungsmaßnahmen erforderlich. Die ebenfalls virtuell durchgeführte ordentliche Hauptversammlung am 5. Mai verzeichnete lediglich eine Präsenz von 33%. Im Falle einer Präsenz von über 50% verringert sich das Zustimmungserfordernis auf die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Der Vorstand richtet an alle privaten und institutionellen Aktionäre den eindringlichen Appell, ihr Stimmrecht wahrzunehmen und an der Entscheidung über die Zukunft des Unternehmens mitzuwirken.

 

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