Heute, am 27. Oktober 2017 ist es also soweit. Der letzte Tag des Air Berlin Flugbetriebs hat begonnen. Heute Abend wird der letzte Flug mit Flugnummer AB6210 um 21.35 Uhr in München abheben. Er soll um 22.45 Uhr in Berlin (TXL) landen. Wenn das letzte Schokoherz verteilt wurde, ist Deutschlands ehemals zweitgrößte Airline Geschichte.
Was in den letzten Wochen vermeintlich abgewickelt und geklärt wurde, wird uns aber in Zukunft noch beschäftigen. Das Nichtzustandekommen einer Transfergesellschaft für die verbliebenen Mitarbeitern wirft aktuell ein schlechtes Licht auf die Politik. Gab es in der heißen Phase des Wahlkampfs, fast selbstverständlich, einen KfW-Kredit von 150 Millionen Euro, so scheitert die Transfergesellschaft offenbar an 30 Millionen, die die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern hätten aufbringen müssen. Die restlichen 20 Millionen für die Gesellschaft waren bereits finanziert. Knapp 3.000 Air Berlin Mitarbeitern droht jetzt die Kündigung. Sie wird nur wenige Tage auf sich warten lassen.
Immerhin für die „Air Berlin-Technik“ hat sich ein Käufer gefunden. Der Vertrag ist unter Dach und Fach. Dieser AB-Konzernteil geht an die „Zeitfracht“-Gruppe aus Berlin, die „AB-Technik“ gemeinsam mit der Wartungsfirma Nayak weiterbetreiben will. Immerhin werden 300 Mitarbeiter direkt übernommen. Hier ist es gelungen für die übrigen 550 Kollegen eine Auffanggesellschaft zu gründen. Diese konnte von AB ohne außenstehende Unterstützung realisiert werden. Ein Hoffnungsschimmer.
Die Air Berlin-Piloten und Flugbegleiter, die bei der „österreichischen Eurowings“ unterkommen, müssen sich auf rund 40 Prozent niedrigere Gehälter einstellen.
Die Verhandlungen mit „Easyjet“ konnten immer noch nicht zum Abschluss gebracht werden. Hier besteht Zeitdruck. Die Exklusivität bei den Verhandlungen ist inzwischen obsolet. Angeblich verhandelt Air Berlin inzwischen auch wieder mit Condor. Die direkte Übernahme der Slots ist jedenfalls Ende der Woche “perdü” und fällt zurück an den Slot-Pool der Flughafenkoordinatoren. Damit könnte auch ein fast schon ausgeschlossener Konkurrent von LH und Easyjet wieder zum Zuge kommen, die irische Ryanair.
Der Lufthansa weht inzwischen, in Sachen Kartellprüfung ein kräftiger Wind ins Gesicht. Insbesondere der Inlandsverkehr könnte bei der Prüfung Probleme machen, da hier eine Monopolstellung unübersehbar ist. Im schlimmsten Fall droht auch der Entzug von Inlandsslots. Bis zum Abschluss der Prüfung stehen die 48 erworbenen Flugzeuge nicht zur Verfügung. Es wird also eng mit den innerdeutschen Flugkapazitäten in den nächsten Wochen oder sogar Monaten. Der Einsatz von größerem Fluggerät soll das Abfedern. Man darf gespannt sein, ob dies gelingt.
Gleichzeitig steht fest: Sollte die kartellrechtliche Prüfung zugunsten von Lufthansa ausgehen, droht mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Ansteigen der innerdeutschen Flugpreise.
Unterm Strich bleibt bei der kompletten Abwicklung ein fader Beigeschmack. Zu nahe liegt die Vermutung, dass Lufthansa Kauf und Übernahme von langer Hand geplant habe. Gleichzeitig ist das Vorgehen von LH aus dem Firmenblickwinkel nachvollziehbar. Ohne diese gute Vorbereitung und eine vermutlich hinter den Kulissen stattgefundene Kooperation mit Easyjet, wäre Europas größter Billigflieger Ryanair groß im deutschen Flugmarkt eingestiegen. Dies ist nicht nur aus der Perspektive von Lufthansa alles Andere als wünschenswert. Da kann Lufthansa von Glück sagen, dass Ryanair aktuell erhebliche eigene Probleme in Sachen Mitarbeiterverträge und Bezahlung hat.
Die Geschichte der „Abwicklung“ von Air Berlin weist auch am letzten Betriebstag der Gesellschaft noch viele Unbekannte aus, die sich erst in Wochen oder gar Monaten beantworten lassen.
Die Geschichte davor gibt es genau hier!
Die Übernahme der AB Technik durch Zeitfracht und Nayak stimmt mich nicht ganz so positiv. Immerhin ist die Nayak in Deutschland vor nicht einmal einem halben Jahr pleite gegangen: http://www.airliners.de/zwei-nayak-wartungsunternehmen/41549
Wenn Du recht hast, hast Du recht. Aber vielleicht geht es ja auch gut. Aktuell zumindest besser als noch ein Zusammenbruch.