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Dieser Podcast verbindet gleich mehrere Dinge. Es geht um den legendären Orient-Express. Es geht um seinen Schöpfer. Es geht um die friedliche Verbindung zwischen Welten und Kulturkreisen. Es geht um Geschäftstaktik und um notwendige Umwege. Es geht um Zielstrebigkeit und es geht um ein Buch, das Gerhard Rekel geschrieben hat. Mit ihm habe ich über all das und noch Einiges mehr geredet.
Das Rad und die Schiene
Am Anfang war das Rad. Und dann ging es immer weiter, bis der Dampf und die dazugehörige Maschine entstand. Historisch und trotzdem wegweisend? Den Mann, dem wir über 180 Nachtzugverbindungen kreuz und quer durch Europa und darüber hinaus verdanken, kannte ich bis zur Lektüre nicht.
Gerhard J. Rekel hat ein Buch geschrieben, das sich hervorragend eignet fürs Last-Minute-Buchgeschenk zu Weihnachten. Insbesondere Eisenbahnfans werden Augen machen. Letztlich ist es ihm zu verdanken, dass ich jetzt behaupten kann, ich könne die Entwicklung der Eisenbahn und insbesondere der Nachtzüge im ausgehenden 19. Und frühen 20. Jahrhundert etwas besser nachvollziehen. Gleichzeitig habe ich viel über einen Mann gelernt, der all das verwirklicht hat. Es war die Lebensaufgabe, die sich der Belgier Georges Nagelmackers zu eigen gemacht hat. Um ihn dreht sich alles in diesem Talk.
Legende Orient-Express
Gefühlt hat vermutlich fast jede/r Agatha Christies Kriminalroman „Mord im Orient-Express“ gelesen oder zumindest einen der Filme gesehen. Der Stoff wurde inzwischen fünfmal verfilmt, davon zweimal fürs Kino. Der Klassiker von Sidney Lumet aus dem Jahr 1974 wird immer wieder im Fernsehen gezeigt und es würde mich nicht wundern, wenn er nicht auch dieses Jahr über die Weihnachtsfeiertage irgendwo in irgendeinem Programm auftauchen würde. Der Detektiv Hercule Poirot, Held des Films, ist Belgier, genauso wie der Schöpfer des Originalzugs.
Die Realität des echten Zuges, bzw. seiner Waggons, hat nur peripher mit dem phantasiereichen Romans zu tun. Mit den touristischen Zügen, die heute als „Orient-Express“ oder anderen Namen überall auf der Welt unterwegs sind, hat sie nicht viel zu tun. Trotzdem die Legende ist geblieben und wird bleiben, eventuell auch mit dem “Orient”-Express der im Auftrag von Accor-Hotels ab 2024 durch Italien fahren soll.
Georges Nagelmackers oder Monsieur Orient-Express
Nagelmackers war besessen von der Idee, Länder, Regionen und Städte zu verbinden, über Landes- und Kulturgrenzen. Da gab es nicht nur den Orient-Express, auch bei der Transsibirischen Eisenbahn hatte er initiativ seine Finger im Spiel. Die ersten Nachtzüge fuhren allerdings, mit erschwertem Start, zwischen Paris und Wien oder zwischen Paris und Lissabon, Madrid oder Marseille. Und die real gewordene Vision beruhte nie auf ganzen Zügen, sondern immer nur auf Schlafwagen (inspiriert vom Amerikaner George Pullman) und Speisewagen (eine Erfindung von Nagelmackers).
Die Compagnie
Seine Firma Compagnie Internationale des Wagon-Lits“ wurde legendär. Er selber ging lieber seinen Visionen nach. Dazu gehörten auch zahlreiche Luxus-Hotels an den Endbahnhöfen. Seine Firma kaufte nicht nur die Schlafwagen Gesellschaft von Herrn Pullman, sondern auch die Reisebürokette eines Thomas Cook. George Nagelmackers war getrieben von seinen Ideen und deshalb geriet er auch immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten. Er war sehr risikofreudig und wurde von seinen Investoren immer wieder in Schranken verwiesen und gen Ende seines Lebens sogar aus der Firma entfernt. Sein Sohn aber leitete das Unternehmen noch lange Jahre weiter.
Wie Alles begann? Durch eine unglückliche Liebe zu seiner neun Jahre älteren Cousine und einem von Papa und Bankier Nagelmackers verordnete Reise durch die USA.
Politik, Abgrenzung und Kriege
Seine Idee der Weltöffnung per Eisenbahn standen immer wieder Hindernisse entgegen: Im Kleinen war es die Bürokratie unzähliger Bahngesellschaften, im Großen auch Kriege in Europa 1870/71 oder 1914-18. Den ersten Weltkrieg erlebte Nagelmackers nicht mehr. Er starb 1905.
Letztlich und unterm Strich ist seine Lebensgeschichte auch ein wenig die Historie des Kapitalismus in den Zeiten der Industrialisierung.
Das Buch
„Monsieur Orient-Express“ ist eine Biografie. Gerhard Rekel erzählt von den langwierigen Recherchen, da sein „Titelheld“ nie Tagebuch führte und viele Fakten erst wieder recherchiert werden mussten.
Das Ergebnis ist eine Biografie mit unendlich vielen Fakten, die streckenweise aber fast romanhaft rüberkommt. Das Lesen macht Spaß und schlau. Eine seltene Kombination. Rekel sagt, das Lebenswerk Nagelmackers sei ein Plädoyer für die hartnäckige Verfolgung einer Vision, das raffinierte Spiel über die Bande und dem Glauben an den Umweg: geografisch, politisch und menschlich.
Mehr muss man hören im Podcast über einen der großen Bahnpioniere dieser Welt.
Die Fakten
Gerhard J. Rekel
Monsieur Orient Express
Verlag Kremayr & Scheriau, Wien.
€ 25,00 gebundene Ausgabe
€ 16.99 E-Book
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