Politische Entscheidungen – Fehlanzeige
Politische Entscheidungsprozesse sind in den letzten Wochen sehr schnell gegangen. Aktuell gibt es offensichtlich ein Missverhältnis. Auf der einen Seite sehr schnelle Entscheidungen in Sachen Grenzöffnungen (kritische Stimmen meinen vielleicht zu schnell), auf der anderen entsteht mitunter der Eindruck, dass wichtige wirtschaftliche Entscheidungen von Branchen abhängig sind: Auto ist wichtig, Tourismus nicht. Bei den Einen geht es schnell, bei den anderen möchte man am liebsten abtauchen und hoffen, dass sich die Sache von alleine klärt. Tut sie nicht. Aber, so eine Fachfrau aus den Bereichen Reisebüro und Kleinveranstalter:
Tourismus ist mehr als ein Bett und ein Schnitzel!
Dies als kommentierender Einstieg in die Nachrichten der letzten 24 Stunden aus der Welt des Tourismus.
Politik 1: Tourismusgipfel?
Die Branchenverbände haben gestern, wir berichteten, einen Tourismusgipfel auf höchster politischer Ebene gefordert.
Man will vorrangig diskutiert wissen, welche Unterstützungsmaßnahmen es für die Tourismus- und Reisewirtschaft, Busunternehmen, Hotellerie, Gastronomie und die komplette Bandbreite der Reiseangebote Deutschlandtourismus gibt und wann diese Mittel zur Verfügung stehen. Es ist vermutlich das erste Mal, dass alle Branchenverbände gemeinsam eine solche Forderung stellen. Bisher war das Meinungsbild der touristischen Interessensvertretungen meist sehr unterschiedlich geprägt. Der Zusammenschluss spricht für die ernste Lage in einer Branche, die trotz großen Arbeitsaufwands durch die Abwicklung der Stornierungen, keinerlei Einnahmen generiert und zudem Rückerstattungen leisten muss.
Aus der Politik gibt es noch keine öffentliche Antwort.
Politik 2: Tourismusausschuss
Nach Informationen des tourismuspolitischen Sprechers der Grünen Markus Tressel (MdB & Mitglied im Tourismusausschuss) wurde gestern im Tourismusausschuss die Entscheidung über einen Antrag der Grünen zur Unterstützung der Reisewirtschaft von den Mitgliedern der Regierungsparteien blockiert. Tressel schreibt auf seiner Website:
„Damit verweigern sich die Fraktionen nicht nur einem klaren politischen Bekenntnis, sie verhindern damit auch die Abstimmung darüber im Plenum am Freitag. Das ist eine schallende Ohrfeige für die gesamte Tourismuswirtschaft und ein Armutszeugnis für die Bundesregierung.
Die Tourismuswirtschaft ist gebeutelt, die Not ist groß! Jeder Tag, den die Koalition Zeit schindet, drückt die Branche weiter an die Wand. Die Breite der Branche mit all ihren Facetten fällt durch groß Teile der Maßnahmenpakete hindurch. Seit Wochen fordern wir von der Bundesregierung endlich weitere Maßnahmen zu auf den Weg zu bringen. Mit unserem Antrag haben wir nicht nur die Probleme benannt, sondern klare Lösungsvorschläge geliefert. Dass die Bundesregierung dem seine Abstimmung verweigert ist eine tourismuspolitische Bankrotterklärung von CDU/CSU und SPD.”
Der Antrag umfasste nicht nur konkrete Hilfen für die Touristik, sondern auch die schon ewig diskutierte Einrichtung eines Kundengeldabsicherungsfonds. Er enthält auch das, was Tressel einen Marshallplan für die Reisewirtschaft nennt. Außerdem fordert der Antrag ein koordiniertes Vorgehen bei der Öffnung der Reiseangebote für ganz Deutschland und keinen föderalistischen Flickenteppich.
Politik 3: Öffentliche Proteste der Reiseindustrie
Bereits zum dritten Mal gab es gestern Protestdemonstrationen der Reisebüros und der Tourismusbranche in rund 50 deutschen Städten. Der Ernst der Lage dürfte damit in einer breiten Öffentlichkeit bekannt sein.
Politik 4: Wirtschaftsministerium arbeitet am Rettungsfond
Man denke über den Rettungsfond nach, heißt es aus dem Ministerium. Bis zu einer Entscheidung bedürfe es aber noch einer Vielzahl von kleinen und großen Abstimmungen.
Destinationsmeldungen des Tages
Island wird ab 15. Juni alle Einreisenden einem Corona-Schnelltest unterziehen. Das Ergebnis soll innerhalb eines Tages vorliegen. Solange sollen Urlauber in ihrem Hotel bleiben. Bei einem positiven Test ist eine 14-tägige Quarantäne verpflichtend.
Mallorcas Touristiker sind sauer über die Quarantänebeschlüsse der spanischen Regierung. Diese schreiben eine Zwangsquarantäne von 2 Wochen für alle Einreisen ab Morgen, 15. Mai, vor. Da es aktuell nur wenige Covid-19 Infektionen auf den Balearen gibt, hatte man dort auf eine schnelle Öffnung gehofft. Jetzt protestieren Hoteliers, Gastronomen und der mallorquinische Tourismusminister.
Die ostfriesischen Inseln wollen zu Beginn der Öffnung am 25. Mai zunächst nur Buchungen von mindestens einer Woche akzeptieren. Neben einem verständlichen geschäftlichen Interesse wird als Grund auch die damit verbundene niedrigere Zahl an Gesamttouristen auf der Insel genannt. Durch eine höhere Fluktuation wachse auch das Infektionsrisiko.
Luftfahrt – Corona-Sicherheit & Service
Die Airlines haben aktuell ihr Geschäft zwar weitgehend eingeschränkt bis eingestellt. Trotzdem beschäftigt man sich mit der Zukunft des Fliegens und mit der potentiellen Infektionsgefahr der Passagiere.
Die Fluggesellschaften erklären, dass ein freibleibender Mittelsitz bei den sogenannten “Narrow-Body-Flugzeugen” mit nur einem Mittelgang keine Option sei. Man argumentiert mit niedriger Gefahr von Ansteckungen. Die Maskenpflicht beim Fliegen sei jedoch obligatorisch.
Jetzt beschäftigt man sich mit der Frage der Bordverpflegung. Der Trend geht dahin, dass ein Catering auf Kurz- und Mittelstrecken wohl zunächst komplett eingestellt werden soll. Auf Langstrecken soll es Verpflegung geben. Mahlzeiten sollen dann aber als komplett verschlossenes Tablett gereicht werden, um eine zusätzliche Infektionsgefahr bei der Ausgabe zu verhindern. Vermutlich läuft diese Maßnahme auf eine ausschließliche Versorgung mit kalten Speisen hinaus. Wie die Airlines das Problem mit dem anspruchsvolleren Catering in First- und Businessclass umgehen wollen ist noch nicht bekannt.
Der Dachverband IATA will bis Ende Mai einen einheitlichen Lösungsvorschlag erarbeiten. Dieser soll nach einem IATA-Vorschlag auch die Verpflichtung zu Gesundheitsformularen und Fiebermessungen beinhalten.
Grenzöffnungen & Reisebeschränkungen
Die gestern bekanntgegebenen Grenzöffnungen gelten zunächst ausschließlich für den Warenverkehr, sowie für nichttouristische Reisen.
Die weltweite Reisewarnung der Bundesregierung bleibt bis 14. Juni bestehen.
Die Grenze zu Luxemburg wird am kommenden Wochenende geöffnet. Österreich hat bekanntgegeben, dass die Grenzen nach Deutschland für touristische Reisen ab 15. Juni offenstehen sollen. Ein ähnliches Datum deutet sich auch für Reisen nach Dänemark an. Dort gibt es aber noch kein offizielles Datum. Es könnte nach Dänemark auch schneller gehen.
Weitere Öffnungen sollen, so Außenminister Heiko Maas gestern im ZDF, in europäischer Absprache getroffen werden. Eine wegfallende Grenzkontrolle mache für Auslandsreisen keinen Sinn, solange die Einreiseländer Quarantänemaßnahmen vorschrieben.
Richtwert in der Zukunft soll auch die Zahl der Infektionen in den Nachbarländern sein. Es wird wohl dieselbe Regelung gelten, die auch innerhalb Deutschlands zu Einschränkungen führt: Bei mehr als 50 Infizierten pro 100 Tausend Einwohnern muss mit Restriktionen gerechnet werden.
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