DRR Hintergrund – Reiserecht in Corona-Zeiten

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Reisewarnungen – Reiserecht

Am Freitagnachmittag kam die Erklärung zum Risikogebiet Spanien mit Ausnahme der Kanarischen Inseln. (siehe Ergänzung der Reiseradionews von Freitag!) Am Abend noch erfolgte die dazugehörige Reisewarnung. Was aber heißt, das nun ganz praktisch für Urlauber, die sich in Spanien (inkl. Balearen) befinden oder geplant hatten in den nächsten Tagen dorthin zu starten? – Dieses Beispiel stellt aber auch die generelle Frage nach dem Umgang mit Reisewarnungen in Corona Zeiten und beinhaltet das Problem des Überlebens der Reiseindustrie.

Die gesetzlichen Grundlagen sind zwar klar, aber reicht das perspektivisch in Krisen- und Pandemiezeiten aus? In den nächsten Monaten wird uns zudem auch die Frage nach der finanziellen Absicherung von Reiseveranstaltern (insbesondere der kleinen und mittelgroßen Firmen) sicher weiterverfolgen. Aber zunächst zu den gesetzlichen Grundlagen bei einer Reisewarnung.

Reiserechtler Professor Dr. Ernst Führich klärt auf seiner Website auf.

„Niemand ist gezwungen, nach Deutschland von einem Urlaubsland zurückzureisen oder ist verpflichtet, nicht mehr ins Ausland zu reisen (…) Eine Reisewarnung ist nur eine Warnung und kein Reiseverbot“.  

Er weist aber auch auf die reiserechtlichen Folgen hin und da sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.

„Wenn Reisende, die eine Pauschalreise (§ 651a BGB) gebucht haben, jetzt von ihrem Reisevertrag vor Reisebeginn zurücktreten (§ 651h BGB), bekommen sie viel einfacher den vollen Reisepreis zurückerstattet . Das Gesetz verbietet dem Reiseveranstalter, strikt eine vertragliche Stornoentschädigung zu verlangen, wenn außergewöhnliche Umstände die Reise beeinträchtigen (651h III BGB).

Nachdem der Veranstalter eine gesetzliche Beistandspflicht nach § 651q BGB hat, ist er verpflichtet, seine Reisen in die betroffenen Gebiete mehr durchzuführen, seine Reisen abzusagen und selbst vom Reisevertrag nach § 651h IV Nr. 2 BGB zurückzutreten. Der Veranstalter darf also keine Reisen mehr durchführen! Er hat insoweit eine Fürsorgepflicht für seine Reisenden. Tritt der Veranstalter zurück, verliert er den Anspruch auf den Reisepreis und darf auch keine Entschädigung verlangen.

Da der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts durch seinen Kunden oder seinen eigenen Rücktritt zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet ist, hat er unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern), auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt die Erstattung in Geld zu leisten (§ 651h V BGB).

Zwangsgutscheine statt Geld sind ein Verstoß gegen das zwingende Verbraucherrecht. Eine wahlweise und freiwillige Annahme von insolvenzgesicherten Gutscheinen ist zulässig.

Wie lange hält das Reisegewerbe noch durch?

Überlebensfrage des Tourismusgewerbes

Gleichzeitig stellt Prof. Führich die Frage nach der Notwendigkeit eines Pandemieparagraphen im Reiserecht. In seinem Facebook-Account fragte er gestern (16.08.20) Meinungen von Reiseveranstaltern und Reisebüros ab und kündigte für diese Woche einen offenen Brief an die Bundesregierung an. Er schrieb dort:

Ich schlage vor, der Reisende trägt bei Pandemie 50% der vereinbarten Stornoentschädigung.

 

Allerdings sagt er auch, dass dies ein größerer Akt werden könnte:

Zudem gibt es im BGB die Störung der Geschäftsgrundlage in § 313, der für das allgemeine Vertragsrecht eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse erlaubt. Die Spezialvorschrift des § 651h ist aber vorrangig und kann nur im Rahmen einer Anpassung der Pauschalreiserichtlinie geändert werden.

 

Dies belegt, dass Professor Führich nicht ausschließlich als „knallharter“ Verbraucherschützer gesehen werden muss, sondern eher als „knallharter“ Jurist. Deshalb weist er auch auf die dafür notwendigen Gesetzesänderungen hin, die sicher nicht im Eilverfahren umgesetzt werden können. Zudem gibt es beim Pauschalreiserecht auch immer die Verknüpfung mit dem Europäischen Reiserecht.

 

 

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