DRR News 17.08.20 – Reisewarnung & Folgen / Finanzen & Forderungen / Corona & Einschränkungen /

Andalusien (Archivfoto): Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD

Reisewarnung Spanien

Am Freitagnachmittag kam die Erklärung zum Risikogebiet mit Ausnahme der Kanarischen Inseln. (siehe Ergänzung der Reiseradionews von Freitag!) Was aber heißt das nun ganz praktisch für Urlauber, die sich in Spanien (inkl. Balearen) befinden oder geplant hatten in den nächsten Tagen dorthin zu starten? Reiserechtler Professor Dr. Ernst Führich klärt auf seiner Website auf.

„Niemand ist gezwungen, nach Deutschland von einem Urlaubsland zurückzureisen oder ist verpflichtet, nicht mehr ins Ausland zu reisen (…) Eine Reisewarnung ist nur eine Warnung und kein Reiseverbot“.  

Er weist aber auch auf die reiserechtlichen Folgen hin und da sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.

  • „Wenn Reisende, die eine Pauschalreise (§ 651a BGB) gebucht haben, jetzt von ihrem Reisevertrag vor Reisebeginn zurücktreten (§ 651h BGB), bekommen sie viel einfacher den vollen Reisepreis zurückerstattet . Das Gesetz verbietet dem Reiseveranstalter, strikt eine vertragliche Stornoentschädigung zu verlangen, wenn außergewöhnliche Umstände die Reise beeinträchtigen (651h III BGB).
  • Nachdem der Veranstalter eine gesetzliche Beistandspflicht nach § 651q BGB hat, ist er verpflichtet, seine Reisen in die betroffenen Gebiete mehr durchzuführen, seine Reisen abzusagen und selbst vom Reisevertrag nach § 651h IV Nr. 2 BGB zurückzutreten. Der Veranstalter darf also keine Reisen mehr durchführen! Er hat insoweit eine Fürsorgepflicht für seine Reisenden. Tritt der Veranstalter zurück, verliert er den Anspruch auf den Reisepreis und darf auch keine Entschädigung verlangen.
  • Da der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts durch seinen Kunden oder seinen eigenen Rücktritt zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet ist, hat er unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern), auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt die Erstattung in Geld zu leisten (§ 651h V BGB).
  • Zwangsgutscheine statt Geld sind ein Verstoß gegen das zwingende Verbraucherrecht. Eine wahlweise und freiwillige Annahme von insolvenzgesicherten Gutscheinen ist zulässig.

Gleichzeitig stellt Prof. Führich aber die Frage nach der Notwendigkeit eines Pandemieparagraphen im Reiserecht. In seinem Facebook-Account fragte er gestern Meinungen von Reiseveranstaltern und Reisebüros ab und kündigte für diese Woche einen offenen Brief an die Bundesregierung an. Er schrieb dort:

Ich schlage vor, der Reisende trägt bei Pandemie 50% der vereinbarten Stornoentschädigung.

Zudem gibt es im BGB die Störung der Geschäftsgrundlage in § 313, der für das allgemeine Vertragsrecht eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse erlaubt. Die Spezialvorschrift des § 651h ist aber vorrangig und kann nur im Rahmen einer Anpassung der Pauschalreiserichtlinie geändert werden.

Dies belegt, dass Professor Führich nicht ausschließlich als „knallharter“ Verbraucherschützer gesehen werden muss, sondern eher als „knallharter“ Jurist. Deshalb weist er auch auf die dafür notwendigen Gesetzesänderungen hin, die sicher nicht im Eilverfahren umgesetzt werden können. Zudem gibt es beim Pauschalreiserecht auch immer die Verknüpfung mit dem Europäischen Reiserecht.

Er geht in der dortigen Diskussion auch davon aus, dass das Stornierungsrecht bis in den September hinein gültig bleiben wird.

Spanien ist jetzt Risikogebiet (mit Ausnahme der Kanarischen Inseln) – DRR-Archiv

Reiseveranstalter reagieren unterschiedlich

Reiseveranstalter hatten bereits am Freitag entsprechend reagier. Spanien-Reisen wurden von DER-Touristik und TUI abgesagt und den Kunden Umbuchungen angeboten.

Die TUI räumt ein Stornierungsrecht bis 24. August ein (DER-Touristik bis 21.08.) und bietet Umbuchungen an. Dafür stehen dem Kunden als Grundlage, die schon bereits gezahlten Beträge plus eine Gutschrift von 150 Euro zur Verfügung. Wer nicht umbuchen will, soll eine Rückzahlung erhalten.

Alltours gewährt ein Stornierungsrecht bis 15. September, lässt aber Kunden die Wahl, ob sie ihren Mallorca-Urlaub antreten möchten. Reisen will man damit grundsätzlich weiter durchführen.

Auf den Balearen befinden sich, nach Angaben des Deutschen Reiseverbands, derzeit etwa 30.000 deutsche Urlauber.

Die meisten deutschen Reiseveranstalter zeigen sich bei Umbuchungen derzeit (und notgedrungen) besonders kulant. Das Reisemagazin Travelbook hat die wichtigsten Regeln der großen Veranstalter zusammengefasst. Sie sind HIER! nachlesbar.

Mallorca wieder in der Krise – Foto: Herbert Bopp

Staatliche Unterstützungen für mittlere Reiseunternehmen

Nach der erneuten Kreditzusage an die TUI fordert der Verband asr (Allianz selbständiger Reiseunternehmen) dieselbe finanzielle Aufmerksamkeit der Bundesregierung auch für mittelständische Reiseunternehmen. Auch hier müssten Kredite vergeben werden, sonst sei der Wirtschaftszweig, der zum überwiegenden Teil aus solchen Betrieben bestehe, in seiner Existenz gefährdet.

Italien schränkt Nachtleben ein

Wie die FAZ in ihrer Online-Ausgabe, gestern Abend, berichtet, hat Gesundheitsminister Roberto Speranza, die Schließung aller Diskotheken im Land angekündigt. Zwischen 18 Uhr und 6 Uhr morgens gilt zudem wieder eine ausgedehnte Maskenpflicht auf öffentlichen Plätzen und vor Lokalen. Die Regelung gilt zunächst bis zum 7. September und ist als Vorsichtsmaßnahme für die anstehende Wiedereröffnung der Schulen gedacht.

Großbritannien weitet Quarantäneverpflichtung aus

Nach Spanien gilt eine verpflichtende Quarantäne nach Spanien jetzt auch für die Einreise aus Malta, Monaco, den Niederlanden und aus Frankreich. Ebenfalls betroffen sind karibische Ziele wie Aruba und die Turks & Caicos. Frankreich hat darauf irritiert reagiert und wird wohl jetzt eine Quarantänepflicht im eigenen Land für Einreisende von den Britischen Inseln einführen.

Österreich verhängt Reisewarnung für Kroatien

Begründet wird die Entscheidung mit den stark angestiegenen Infektionszahlen. Die Regelung gilt ab heute. Österreichische Urlauber in Kroatien wurden zur Heimreise aufgefordert.

Hörtipp: Pleiten, Pech & Pannen beim Fliegen

Leider nur sehr theoretisch aber dafür besonders unterhaltend, greift der „Galley-Talk-Podcast“ des Blogs „Reise-Wahnsinn.de“ das Thema Fliegen auf. Unter Kollegen und Hörern hatte Reiseblogger Ingo Busch aufgerufen, ihm die schönsten, katastrophalsten, witzigsten und gleichzeitig auch ärgerlichsten Geschichten aus der Serie Pleiten, Pech & Pannen beim Fliegen zuzusenden. Interessant und äußerst hörenswert ist die Ansammlung schräger Geschichten.

 

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