Grund zum Jubeln, ja! Aber auch Grund zum Leichtsinn? Eher nein. Reisewarnungen fallen derzeit wie überreife Äpfel von Bäumen. Generelle Reisewarnungen für Risikogebiete wird es, nach einem mathematischen Trick, ab 1. Juli nicht mehr geben. Alles scheint einfacher zu sein, letztlich muss mann und frau sich jetzt nur noch den Wert „200“ merken. Der steht übrigens in krassem Gegensatz zum Wert der „Bundesnotbremse“ von 100. Aber wen kümmert es bei Inzidenzwerten von 30 und weniger?
Ich verstehe den Jubel, ich verstehe die Freude über die Fast-Rückkehr des freien Reisens und das Aufatmen aller, die mit Reisen, Mobilität, Hotellerie und Gastronomie ihr Geld verdienen. Es wird eine harte wirtschaftliche Aufbauarbeit werden. Das Grundkapital der „großen Freiheit“ sollten wir aber jetzt nicht leichtsinnig verspielen. Uns muss allen klar sein, dass das „Corona-Damokles-Schwert noch über uns hängt; gut getarnt von Optimismus und Impffortschritt, geschmückt mit Sommer und Sonnenschein.
Umsichtiges Reisen und verantwortungsvolles Verhalten lässt sich nicht verordnen. Bitte, lasst es uns bewusst, ohne Hektik und mit Hirn angehen. Das gilt für Reiseanbieter wie für Urlauber: „It’s not over till it’s over!“
Das Ende der Reisewarnungen
Zum 1. Juli gehören Reisewarnungen für Risikogebiete erst einmal der Vergangenheit an. So will es die Bundesregierung. So hat sie am Freitag entschieden. Damit fallen Reisewarnungen für immerhin knapp 100 Länder weltweit. Allenthalben herrscht Optimismus. Letztlich ist es aber ein Trick mit der Mathematik, der das möglich macht. Man hat die Schwelle angehoben. Galt bisher eine Reisewarnung, wenn der Wert von 50 bei der 7-Tages-Inzidenz pro 100 Tausend Einwohnern überschritten wurde, so hat man die Messlatte schlicht auf 200 erhöht. Letztlich hat sich also an der Situation nicht viel verändert, nur die Messlatte liegt jetzt niedriger, weil der Grenzwert höher sein darf.
Reisewarnungen für Hochinzidenz- und Virusvariantengebiete bleiben im Übrigen in Kraft. Sie gelten künftig oberhalb des Inzidenzwerts von 200. Betroffen davon sind derzeit rund 40 Staaten.
Außerdem werden die Einreiseregeln für Länder bleiben, die jetzt nach Definition des Auswärtigen Amts, kein Risikogebiet mehr sein werden. Es ist nach wie vor viel im Fluss. Wer verreist, muss sich nach wie vor über die unterschiedlichen Einreisebedingungen seines Urlaubsziels informieren. Weiterhin gilt auch die Testverpflichtung aller Urlauber vor der Heimreise mit dem Flugzeug nach Deutschland.
Kein Risikogebiet: trotzdem keine touristische Einreise
Offen ist die Situation darüber hinaus noch für Staaten, die zwar die 200er-Marke unterschreiten, aber Touristen noch nicht einreisen lassen. Dazu zählen u.a. auch Canada und die USA. Hier darf man gespannt sein, was nach den vielen Gesprächen während des G7-Gipfels am letzten Wochenende geschehen wird, denn auch die Touristiker dort scharren mit den Hufen und verlangen eine Öffnung, eventuell nur für vollständig geimpfte Personen.
Derzeit gibt es für Geschäftsreisende Richtung USA Ausnahmen, wenn sie einen sogenannten „NIE-Nachweis“ (National Interest Exception) besitzen. Für Canada wird die Einreisesperre nur in Ausnahmefällen gelockert.
Portugal ohne PCR-Test
Ab sofort verlangt Portugal bei Einreise mit dem Flugzeug keinen PCR-Test mehr. Notwendig ist jetzt ein negativer Antigen-Schnelltest, der beim Abflug aus dem Heimatland nicht älter als 24 Stunden sein darf. Fluggesellschaften sind nach wie vor verpflichtet, diese Tests beim Einsteigen ins Flugzeug zu kontrollieren. Bei der Einreise in Portugal wird es stichprobenartigen Kontrollen durch die Grenzschutzbehörden geben. Die neue Regelung bedeutet aber eine deutliche Vereinfachung und eine beträchtliche Kostenersparnis für die Urlauber.
Mauritius plant Öffnung
Bisher sind die Grenzen des Inselstaats noch geschlossen. Allerdings sind zaghafte Öffnungsversuche in der Planung. Ab Mitte Juli soll eine Einreise wieder möglich sein, allerdings ausschließlich für geimpfte Personen mit negativem PCR-Test. Die ersten 14 Tage sind auch eine „Fast-Quarantäne“. Geimpfte dürfen ihr Ferienresort nicht verlassen. Erst nach zwei Wochen darf man sich frei auf Mauritius bewegen, falls alle vorgeschriebenen und durchgeführten PCR-Tests negativ sind. Sollte dies erfolgreich sein, soll ab 1. Oktober die Hotelquarantäne für geimpfte Personen entfallen.
Wer nicht geimpft nach Mauritius einreist, den erwartet eine 14-tägige überwachte Quarantäne im Hotelzimmer, das nicht verlassen werden darf. Für die meisten Reisenden ist dann der Urlaub allerdings vorbei.
Israel lässt Individualtourismus zu
Ab 01. Juli öffnet sich das Land auch für individuell einreisende Touristen unter der Voraussetzung, dass sie eine vollständige Impfung haben. Gruppenreisen für Geimpfte sind bereits seit dem 23. Mai möglich. Die niedrige Inzidenzzahl von nur 1,1 macht dies möglich. In den palästinensischen Gebieten Israels liegt diese Zahl immer noch über 50.
Reiseverschärfungen
Trotz aller optimistischen Stimmung gibt es auch das. Das Robert-Koch Institut hat einige Länder mit sofortiger Wirkung zu neuen Hochrisikogebieten erklärt.
Es handelt sich dabei um Malaysia, die Mongolei, Namibia und Sri Lanka.
Reiserückkehrer von dort müssen sich nach der Ankunft in Deutschland in Quarantäne begeben. Vollständig geimpfte Personen sind davon befreit, müssen aber ihren Impfnachweis vorzeigen.
Bahn erhöht Kapazitäten
Im Fernverkehr wird die Bahn während der Sommerferienzeit extralange ICE-Züge auf bestimmten Linien einsetzen. Der neue XXL-ICE bietet Platz für mehr als 900 Fahrgäste.
Außerdem wurden neue Ziele während der Sommerferien angekündigt. Dazu gehören Verbindungen in Richtung Nord- und Ostsee, an den Bodensee und nach Tirol in Österreich. Neu ist da auch eine direkte Verbindung von Berlin über Halle und Erfurt nach Bregenz in Vorarlberg und Landeck in Tirol.
Neue Sommerzüge fahren auch zwischen Frankfurt am Main und Norddeich Mole, zwischen Dresden und Binz auf Rügen und zwischen München und Westerland auf Sylt.
Digitale Impfnachweise
Wir berichteten am Freitag: Seit heute gibt es in ausgewählten Apotheken die Möglichkeit, sich den kompletten Impfnachweis als QR-Code ausstellen zu lassen und diesen wahlweise auf die Corona-WarnApp sowie die CovPass-App hochzuladen. Der digitale Impfnachweis auf dem Mobiltelefon soll den Reiseverkehr innerhalb Europas erleichtern und schneller machen. Der gelbe Impfpass wird aber ebenfalls als Nachweis anerkannt.
Die Entwickler und Betreiber der Luca-App teilten mit, dass dies ab Mittwoch auch dort möglich sein wird. Luca wird hauptsächlich zur Anmeldung beim Besuch in Geschäften, Restaurants und Veranstaltungen genutzt.
Party auf Malle?
Auf Mallorca, Ibiza und den übrigen Balearen sollen Diskotheken und Nachtlokale eventuell ab Mitte Juli wieder öffnen dürfen. Voraussetzung ist das Anhalten der entspannten Corona-Situation. Davor steht die erfolgreiche Absolvierung von Pilotprojekten.
Die praktische Umsetzung ist allerdings mit mehreren Fragezeichen verbunden. Klar ist, dass die Lokale um 3 Uhr morgens schließen müssen. Tanzen wird wohl ebenfalls zugelassen werden. Allerdings gibt es auch mehrere Unbekannte, wie die Maskenpflicht und eine Abstandspflicht zu fremden Personen. Hier ist völlig unklar, wie das überprüft werden soll. Ob sich dabei gesunder Menschenverstand und höherer Alkoholpegel vereinbaren wird nicht beantwortet.
Offenbar will man Clubs und Nachtlokale eine wirtschaftliche Überlebenschance geben. Angeblich habe ein Drittel aller Betriebe bereits aufgegeben.
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