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Hier ist die genussvolle Fortsetzung meiner kleinen Chiemgaureise. Es wird um Cranberries und Aroniabeeren gehen, um eine Kiste, die es in sich hat und letztlich werden wir auch noch ein Wirtshaus besuchen.
Ideen und Mühe reichen nicht immer
Das Fazit stelle ich mal voran: Menschen, die anderen etwas Besonderes bieten möchten, haben es nicht immer leicht. Die Konkurrenz ist meist schlechter aber groß, die Kosten bei der Produktion sind hoch und Menschheit fährt leider meist auf billig ab, statt auf Qualität. Man und frau muss sich also etwas einfallen lassen. Erfolg leider nicht garantiert.
Carina und ihre “Brezn”
Nehmen wir Bayerns jüngste Wirtin. Carina Honsowitz hat sich der heimischen Küche verschieben und das auf der Basis einer sehr ordentlichen Ausbildung. Seit einem Jahr gibt es “dieBrezn” in Ruhpolding. Die gelernte Köchin und Restaurantfachfrau (Lehrstationen u.a. bei Sternekoch Heinz Winkler) ist angetreten authentische und gesunde bayerische Küche für ihre Gäste zu präsentieren. Sie kocht frisch, täglich. Mikrowelle, Tiefkühlkost und Hilfsmittelchen hat sie aus ihrer Küche verbannt.
Der ganz große Erfolg und der Durchbruch sind ihr trotzdem bisher versagt geblieben. An den Ursachen arbeitet sie, meint aber zurecht, dass sie auch im Irrationalen stochert. Manchmal sei es voll in der “Brezn” und an anderen Tagen frage sie sich, ob es sich gelohnt habe, überhaupt zu öffnen. Das macht es schwierig, denn beim Anspruch eine frische Küche ohne Tüten, Päckchen und Konserven zu liefern, ist der Materialeinsatz hoch. Wenn die Gäste ausbleiben, dann ist der Schaden gleich doppelt groß. – Auf der anderen Seite kann man sich nur schwer vorstellen, dass regionale Küche, ausgerechnet in Bayern und erst recht in einem Tourismusort, nicht funktionieren soll. – Langsam aber sicher wird die Finanzluft dünn. Angestellte für den Service musste sie kündigen und jetzt kämpft sie im Zwei-Personenbetrieb, gemeinsam mit der Mama, weiter. Tagsüber betreut Carina zusätzlich noch die Ausflugsküche einer Seilbahn-Bergstation, damit Geld reinkommt. Trotzdem will sie nicht aufgeben.
Drum hier der Tipp: Hingehen oder –fahren, ausprobieren und weitererzählen, denn “dieBrezn” kann sich kulinarisch sehen lassen. Man kann Carina Honsowitz nur wünschen, dass ihre Hoffnung wahr wird: “Mit Leidenschaft kochen und ein Lokal betreiben ohne ständig zu bangen, dass genügend Gäste kommen.”
Ich drücke die Daumen: Die lokale Adresse lautet Brandnerstraße 5-5a, 83324 Ruhpolding. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag ab 17 Uhr 30.
Der “Frutifux” und seine Beeren
Schräg gegenüber vom Parkplatz “Heidewanderweg” an der Straße zwischen Petting-Schönram und Laufen befindet sich die Beerenplantage von Frutifux. Schwerpunkt des Anbaus: Heidelbeeren (die Ernte dürfte jetzt durch sein), sowie Aroniabeeren und Cranberries. Cranberries in Bayern? Inhaber Dr. Michael Bannert klärt mich auf.
Der Anbau der eigentlich in Canada beheimateten Beeren ist einem Professor der Universität Weihenstephan zu verdanken, der vor rund 50 Jahren überprüfte, ob die Cranberry auch in Deutschland angebaut werden kann. Auf einem ehemaligen Torfabbaugebiet legte er eine Versuchsplantage an, die Michael Bannert seit einigen Jahren übernommen hat. Eigentlich klingt das alles logisch, unvorhergesehene Schwierigkeiten nicht einkalkuliert.
Denn, so Michael Bannert, nach der Übernahme musste der Betrieb erst einmal betriebswirtschaftlich organisiert werden. Es sei schon ein Riesenunterschied zwischen einem Versuchsfeld und einer kleinen feinen Beerenplantage. Eine große Stütze des Geschäfts sei der Ausbau des Heidelbeeranbaus gewesen. Hier gibt es inzwischen auch lokale Absatzmöglichkeiten über Supermärkte, die verstärkt regionale Ware anbieten. Allerdings sei die ausländische Konkurrenz groß und so stünden die heimischen Heidelbeeren zusammen mit Ware aus Polen zum Beispiel im Regal und seien wegen der Lohn- und Nebenkosten fast doppelt so teuer. Da helfe nur 1A-Qualität, das zahle sich aus.
An der Plantage kann jeder zusätzlich Halt machen und seine eigenen Vorräte an reifen Beeren selber pflücken. Ein lokaler Anreiz, meint Michael Bannert, wenngleich, gerade zur Cranberry-Reife, auch Menschen aus ganz Deutschland und dem benachbarten Österreich anreisen um, wie er sagt, “Cranberry-Urlaub” zu machen und sich den Cranberry-Jahresvorrat zu pflücken. – Drittes und beliebtes Standbein ist die Aronia-Beere, seit vielen Jahren als “Superfood”gefeiert. Im Podcast gibt es die genauen Erklärungen.
Die Erntezeiten auf der Plantage liegen zwischen Juli und Oktober. Dabei werden die Heidelbeeren zuerst reif (bis Ende August), dann folgt Aronia (Ende August bis Mitte September) und zuletzt reifen die Cranberries (Mitte September bis Ende Oktober). Beim Blick in die Zukunft sagt Michael Bannert, er werde erst einmal nicht mehr erweitern. Die Kosten stiegen jedes Jahr, die Beerenpreise seien aber seit Jahren diesselben. Absehbar brauche er ein zweites Standbein, um die Plantage aufrecht zu halten. Auch hier ist also “Daumen drücken” angesagt.
Yvonne und ihre “BIO-Genusskiste”
Das dritte vorgestellte Projekt ist sehr neu. Yvonne Liebl sagt gern, es stecke noch in den Anfangsschuhen. Es ist aber schon recht erfolgreich nach einem Jahr. Ihre “Ess-pedition” besteht u.a. aus der BIO-Genusskiste und die könnte das Mitbringsel schlechthin aus dem Chiemgauurlaub werden. Ein tolles Geschenk für alle, die gern kochen und noch lieber genießen. Selbstverständlich spricht nix dagegen, sie auch schon zu Beginn des Urlaubs zu kaufen und damit in der Ferienwohnung zu kochen. Ausgehend von der Idee, die hervorragenden Bio-Produkte aus lokalem Anbau besser unter die Menschen zu bringen, entstand die Box. Sicher spielt auch die positive Entwicklung der überall auftauchenden “Food-Boxen” in Deutschland eine Rolle.
Die “BIO-Genusskiste” liefert selbstverständlich zum Inhalt passende Rezepte auch wundervoll aufgemachten Kärtchen. Sie unterscheidet sich vom Hype, um die im Internet bestellbaren anderen Kisten, dann doch erheblich. Hier findet sich ausschließlich regionale Ware aus Bioanbau der Öko-Modellregion Waging und Rupertiwinkel. Weitere Unterschiede erklärt Yvonne Liebl im Podcast.
Die Krönung des Reporterlebens an diesem Tag ist aber das gemeinsame Kochen eines dreigängigen Menüs mit Zutaten aus der Kiste. Sie bildet unsere Basis beim Kochhappening. Frischware muss natürlich hinzugefügt werden.
Während des sehr vergnüglichen Koch-Happenings von einer knappen Stunde erählt mir Yvonne auch noch von den touristischen Angeboten, mit denen sie Urlaubern, ihre Genussregion zugänglich macht. Verkosten spielt dabei immer eine Rolle. Danach ist dann auch für uns Herbstgenuss angesagt und ich bin glücklich, dass das von mir eigenhändig gerührte und abgeschmeckte Getreiderisotto mit Gemüse bei der Fachfrau Zustimmung findet.
Ein rundum gelungenes Projekt, das nach dem kleinen Erfolg auch einen größeren verdient hat. Die Genusskiste kann man vor Ort kaufen, sie ist aber auch online bestell- und abonnierbar. Wer abonniert, bekommt vier Boxen pro Jahr, deren Inhalt auf die jeweilige Jahreszeit abgestimmt ist. Genau das Richtige für Menschen, die kochen mögen und essen lieben. Gesund ist es darüber hinaus auch noch. Die frischen Zutaten lassen sich problemlos auch zuhause besorgen. Was man braucht, steht ja auf den Rezeptkarten. – So eine Kiste kostet in der kleinen Variante 39 Euro. Die Große schlägt mit 75 Euro zu Buche. Abonenten bekommen Rabatt, dann reduziert sich der Preis auf 69 Euro. Ich verspreche, es sind schöne Sachen drin, die zu noch schöneren Gerichten werden können. Und man kann sagen: Schmeckt wie im Urlaub!
Information:
Restaurant “dieBrezn”: inzwischen leider geschlossen!
Beerenplantage Frutifux:
Bio-Genusskiste und mehr:
Allgemeine Infos zum Herbst im Chiemgau:
Chiemgau Tourismus e.V. – 83278 Traunstein – Telefon: 0861 – 90 95 90 0
Hinweis:
Die Recherche zu diesem Beitrag wurde unterstützt von Chiemgau Tourismus e.V. Dies hat keinen Einfluss auf eineunabhängige Berichterstattung.
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