DTV fordert Ausnahmeordnung
Regelwahn auf der einen Seite, ungeklärte Punkte auf der anderen. Vor einer Woche hat der Impfgipfel beschlossen, dass es mehr Freiheiten für bereits komplett geimpfte Menschen geben soll und muss. Gleich drei Bundesländer zogen nach und verkündeten die Gleichstellung von Geimpften mit negativ getesteten Personen. Bevölkerung und Dienstleister fragen sich seitdem, wie sich diese Gleichstellung auswirken kann, soll und darf, denn darauf gibt es bisher keinerlei konkrete Antworten.
Insbesondere die Reisebranche wartet auf Konkretes. Am Freitag bereits hat der Deutsche Tourismusverband eine Forderung in den Raum gestellt. Zur Ausnahmeverordnung zu den COVID19-Schutzmaßnahmen erklärte DTV-Geschäftsführer Norbert Kunz:
Es ist richtig, dass die Bundesregierung intensiv daran arbeitet, Geimpften und Genesenen die Grundrechte zurückzugeben. Für Geimpfte und Genesene muss aber auch das touristische Übernachtungsverbot fallen. Wenn keine Ansteckungsgefahr mehr besteht, müssen die Einschränkungen bei den Grundrechten aufgehoben werden. Das gilt für das bundesgesetzliche Übernachtungsverbot und erst recht für die Übernachtungsverbote der Bundesländer unterhalb der 100er-Inzidenz.
Immerhin zeichnen sich Reaktionen am Horizont ab. Olaf Scholz (SPD) ließ sich gestern Abend in der ARD zur Aussage drängen, dass eine Verordnung dazu noch in dieser Woche im Bundeskabinett Thema sein könne und bis zum Ende der Woche, nach Zustimmung von Bundestag und Bundesrat, Wirklichkeit werde.
Bereits seit November 2020 besteht in Deutschland ein touristisches Übernachtungsverbot und sind nahezu alle touristischen Angebote, insbesondere im eigenen Land, gestoppt. Die gegenwärtige Inzidenzlage gibt den Verantwortlichen theoretisch Zeit. Die Branche indes fordert endlich klare Perspektiven für eine Zeit, in der wieder große Gebiete Deutschlands unter der Inzidenzmarke von 100 liegen.
Sylt und Nordsee am Start
Nach viel Diskussion und Durcheinander ist die schleswig-holsteinische Modellregion Nordfriesland am Wochenende in Betrieb gegangen. Im Vorfeld gab es viele Diskussionen, Missverständnisse und gegenseitige Vorwürfe, zum Beispiel zwischen Wirtschaftsministerium und den Verantwortlichen auf Sylt um die Kontrollverantwortlichkeiten. Am Wochenende reisten jetzt aber doch die ersten Gäste an. Damit ist, nach der ersten Modellregion im Bereich Schlei – Eckernförde, jetzt auch die Nordseeküste mit den nordfriesischen Inseln wieder am Start.
Selbstredend gibt es strenge Testvorgaben zur Anreise und auch während des Aufenthalts ist ein Test im Abstand von zwei Tagen vorgesehen. In einigen Tagen sollen Modellprojekte Nummer 3 und 4 an der „Inneren Lübecker Bucht“ und in Büsum starten. Die „Testballons“ sind zunächst auf vier Wochen befristet, könnten aber verlängert werden. Voraussetzung für den Betrieb ist die dauerhafte Unterschreitung der 100er Marke bei den Inzidenzwerten. Die Entscheidung liegt bei den lokalen Gesundheitsbehörden.
MV muss bei Reisegebot nachbessern
Das Oberverwaltungsgericht Greifswald hatte am Freitag letzter Woche der Klage eines Zweitwohnsitzinhabers in Mecklenburg-Vorpommern stattgegeben und dessen „Einreiseverbot“ als unrechtmäßig eingestuft. In der Begründung heißt es, dass die Regelung willkürlich sei. Es könne nicht angehen, dass geimpfte und nichtgeimpfte Personen gleichbehandelt würden.
Besitzer von eigenen Immobilien dürfen derzeit nicht nach MV zu ihrem Zweiwohnsitz reisen. Das Gericht forderte die Landesregierung auf, bei den Regeln nachzubessern. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig hat dies zugesagt. Bis dahin bleiben die Reiseregeln in Kraft, auch um zu verhindern, dass aufgrund der gekippten Regelung ein unkontrollierter Reisestrom im Richtung Mecklenburg-Vorpommern einsetzt.
Aktuelle „Risikogebiets“-Veränderungen
Die aktuellen Veränderungen vom Wochenende bringen teilweise Entspannung, wenngleich sich eine wirkliche Entwarnung nicht einstellt. Dies gilt zum Beispiel für Tschechien und Bulgarien. Beide Länder waren als Hochinzidenzgebiete eingestuft und gelten jetzt nur noch als Risikogebiet (Inzidenzwert über 50).
Eine kleine Entspannung kommt aus Frankreich. Das Departement Moselle wurde vom Mutationsgebiet in die Kategorie Hochinzidenzgebiet zurückgestuft. Ebenfalls Hochinzidenzgebiet sind jetzt die Mongolei und wieder einmal Litauen. Für alle Reiserückkehrer aus Hochinzidenzgebieten ist, neben der Einreiseanmeldung und der Vorlage eines negativen Coronatests, eine zehntägige Quarantäne verpflichtend.
Komplett aus den Reisewarnungen herausgenommen wurden die British Virgin Islands.
Die Hoffnung auf Rücknahme der Kategorie Risikogebiet für die Kanarischen Inseln hat sich indes nicht erfüllt. Die Reisewarnung für die Region bleibt uns mindestens noch eine Woche erhalten.
Tunesien wurde als Hochinzidenzgebiet eingestuft. Die Informationen über eine Pflichtquarantäne für ausländische Bürger sind derzeit widersprüchlich. Die Regierung hatte sie verhängt, die tunesische Tourismusbehörden betonten, es ändere sich nichts bei den derzeitigen Einreiseregeln. In diesen gibt es Unterschiede zwischen Pauschaltouristen, die ohne Quarantäne einreisen dürfen, und Individualreisenden, die sich in eine siebentägige Selbstisolierung begeben müssen.
Nachhaltig übersetzen
In Mecklenburg-Vorpommern sind derzeit zwei neue emissionsfreie Fährverbindungen geplant.
Strecke 1 verbindet ab Jahresmitte die Anlegestellen Kabutzenhof und Gehlsdorf auf der Warnow in Rostock mit einer neuen solarbetriebenen Fähre. Sie kann 80 Personen und 15 Fahrräder befördern. Den Antriebsstrom für das 21 Meter lange Schiff liefern Hochleistungsbatterien, die von 36 auf dem Dach des Schiffes befindlichen Solarmodulen geladen werden. So sollen rund 36.000 Liter Diesel pro Jahr eingespart werden.
Strecke 2 soll ab August täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr den Ort Kamp auf dem Festland mit Karnin auf Usedom verbinden. Auch hier kommt eine Solar-Fähre zum Einsatz, die 20 Personen und 15 Fahrräder transportieren kann. Diese Verbindung war zwei Jahre außer Betrieb und soll jetzt wiederbelebt werden.
Airport Paderborn-Lippstadt wieder fit
In Paderborn-Lippstadt läuft der finanzielle Betrieb wieder normal. Bedingt durch die Corona-Krise und den fast zusammengebrochenen Flugbetrieb war der ostwestfälische Flughafen in Finanznot geraten und hatte Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Dieses Verfahren ist seit Monatsbeginn erfolgreich beendet worden und der Airport kann nach Sanierung, Entschuldung und Neuaufstellung zum regulären Geschäftsbetrieb zurückkehren.
Die Auswirkungen sind trotzdem nicht unerheblich. Personal musste abgebaut werden. Damit wurde auch die Kapazität des Flughafens mehr als halbiert. Statt 700 Tausend ist „PAD“ derzeit für nur noch 300 Tausend Passagiere pro Jahr und rund 1.700 Flüge ausgelegt. Eine Änderung nach oben sei, nach Pandemieende und Erholung der Luftfahrt, aber nicht ausgeschlossen, so Airport-Geschäftsführer Marc Cezanne.
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