D-RR News 11.02.21 – Reiselust / Öffnung / Schweiz / Reiseabsicherung

Usedom, Strand - Foto: Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD

Umfragen zu Reiselust

Derzeit gibt es mehrere Umfragen, die sich nach der Reiselust der Deutschen erkundigt haben. Das Ergebnis fällt sehr unterschiedlich aus. Die Sehnsucht nach Urlaub ist groß, die Angst vor Flugreisen offensichtlich auch. Rund ein Drittel der Befragten hat die Tendenz zum Urlaub im eigenen Land. Fernreisen stehen nur bei Wenigen auf der Planungsliste. Den Ergebnissen ist ganz klar die derzeitige Unsicherheit darüber, was gehen könnte und was eventuell nicht geht anzumerken. Der „Spiegel“ zitiert den wissenschaftlichen Leiter der BAT-Stiftung, Ulrich Reinhardt:

Solange die Angst, sich zu infizieren, krank zu werden oder im Urlaub gar ärztliche Hilfe zu benötigen im Hinterkopf ist, werden viele Bundesbürger mit einem unguten Gefühl unterwegs sein oder gleich ganz zu Hause bleiben (…) Sicherheit war, ist und bleibt die Grundvoraussetzung beim Reisen.«

Was fehlt sind klare Konzepte über den Neustart von Tourismus und Reiseangeboten, wie von vielen Tourismusverbänden gefordert. Darüber hinaus geht die Branche von vielen Insolvenzen aus, die durch den „Dauer-Lockdown“ der Reisebranche ausgelöst würden.

Reiselust Deutschland: Elbtal zwischen Dresden und Pillnitz

Öffnungsstrategie weiter offen

Nach dem Beschluss der vorletzten Videokonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 19.01.2021 soll der Chef des Bundeskanzleramtes gemeinsam mit den Chefinnen und Chefs der Staatskanzleien ein Konzept für eine sichere und gerechte Öffnungsstrategie entwerfen. Zwar steht dies, nach der gestrigen Bund-Länder-Konferenz zwar wieder im Papier. Geschehen ist allerdings nichts. Der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz, forderte, nach den, für Touristiker enttäuschenden, Ergebnissen der gestrigen Konferenz noch einmal eine konkrete Öffnungsstrategie:

Die getroffenen Beschlüsse enthalten für den Deutschlandtourismus keine Perspektiven und sind enttäuschend. Es ist kein Konzept, klein Plan, keine Strategie ersichtlich, wie es weitergehen soll. Die Tourismusakteure erwarten zu Recht ein planbares, bundeseinheitliches und nachvollziehbares Konzept für den Neustart, zumal genau das in der vorhergehenden Bund-Länder-Runde angekündigt wurde. (…) Die Politik muss jetzt handeln und eine Öffnungsstrategie für den Neustart des Tourismus vorlegen. Die Akteure brauchen dringend Klarheit.

Der DTV hat dazu ein Strategiepapier mit konkreten Vorschlägen ausgearbeitet und möchte dementsprechend in die Planungen eingebunden werden.

Auch der Deutsche Reiseverband (DRV) hat sich der Kritik angeschlossen und zeigt sich enttäuscht. DRV-Präsident Norbert Fiebig sagte:

Wer ganze Wirtschaftszweige in den Lockdown schickt, muss auch Konzepte für den Restart vorlegen. Dazu müssen Politik und Reisewirtschaft im engen Dialog abstimmen, in welchen Schritten und unter welchen Bedingungen die Branche ihr Geschäft wieder aufnehmen kann.

 

Schweiz ändert Quarantänevorgaben

Schon seit Januar gelten für einreisende Deutsche aus Thüringen strenge Vorgaben (10 Tage Quarantäne, Test nach sieben Tagen), die einen Ski- oder Winterurlaub unrealistisch machen. Diese Regel soll ab 22. Februar auch für Reisende aus Brandenburg sowie Sachsen-Anhalt gelten. Für Sachsen wurde die Vorgabe ab 22.2. aufgehoben. Die Regeln des Schweizer Bundesamts für Gesundheit beruhen auf dessen 14-Tages-Inzidenz. Diese Inzidenz sagt, wie viele Neuansteckungen es pro einhunderttausend Personen in den letzten 14 Tagen gab. Wenn die Inzidenz eines Landes um mindestens 60 höher ist als die Inzidenz der Schweiz, kommt das Land auf die Liste.

Reisesicherungsfond in der Diskussion

Wir berichteten in der letzten Woche über die Vorlage eines neugestalteten Reisesicherungsfonds, der die alten Absicherungsregeln ablösen soll. Die bisherige gesetzliche Regelung wird seit Jahren von der EU-Kommission kritisiert. Deutschland hatte es aber bisher versäumt nachzubessern. Erst nach der Thomas-Cook-Pleite und den wirtschaftlichen Problemen vieler Veranstalter in der Corona Krise sah man sich zum Handeln gezwungen. Gestern ist der Gesetzentwurf im Bundeskabinett verabschiedet worden.

Verbraucherschutz:

Die Reaktionen auf die Gesetzesvorlage zum Reisesicherungsfond sind gemischt. Verbraucherschützer begrüßen zunächst einmal den geplanten neuen Reisefond. Bietet er doch mehr Kundensicherheit, als das bisherige Gesetz.

Reisebranche: DRV begrüßt und fordert Nachbesserung

Der Deutsche Reiseverband (DRV) unterstützt den politischen Willen zur Neuausrichtung der Insolvenzsicherung, hält aber zahlreiche Änderungen und Verbesserungen für notwendig. Insbesondere weist der DRV auf die finanziellen Rahmenbedingungen für die Reiseveranstalter hin. Es sei eine große zusätzliche Belastung für die Reiseveranstalter, da Pauschalreisen in dieser schwierigen Situation im Vergleich zu Einzelleistungen nicht über Gebühr verteuert werden dürften. Im Hinblick auf die Finanzierung sieht das Gesetz vor, dass Reiseveranstalter in einer ersten Stufe sieben Prozent ihres Nettopauschalreiseumsatzes pro Geschäftsjahr absichern. Der zweite Teil des Fonds soll mit Einzahlungsbeiträgen aufgefüllt werden. Hier fordert der DRV mit Blick auf die Corona-Krise eine schrittweise Anhebung des Prozentsatzes, da dies aktuell von einem Großteil der Firmen nicht leistbar sei. Nach Berechnungen des DRV würde der Fonds bei einem Beitragssatz von 0,6 Prozent nach sieben Jahren bereits mehr als 900 Millionen Euro einsammeln. Das sind 150 Millionen Euro mehr als geplant.

Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands – Foto: DRV

Ausdrücklich begrüßte der DRV, dass Reiseveranstalter, deren Umsatz in den letzten drei Geschäftsjahren bei Pauschalreisen im Durchschnitt weniger als drei Millionen Euro betragen habe, nicht in den neuen Reisesicherungsfonds einzahlen müssen. Es sei wichtig, dass kleine und kleinste Reiseveranstalter, wenn sie dies wünschen, an ihrer bisherigen Absicherungslösung über Versicherungen oder Bankbürgschaften festhalten könnten. Darüber hinaus fehlt laut DRV die Möglichkeit, Kundengelder auch über Treuhandkonten abzusichern. Hier verschärft sich die Lage allerdings auch dadurch, dass sich viele Versicherungen versuchen aus dem Geschäft mit der Reiseabsicherung zurückzuziehen. Nachdem heute auch „Swiss Re“ sich verabschiedet hat, bleiben Veranstaltern derzeit nur drei Versicherer übrig.

Der DRV fordert außerdem, dass die Kosten für die Absicherung transparent ausgewiesen und auf den Verkaufspreis der Pauschalreise aufgeschlagen werden können. Hierzu seien ebenfalls gesetzliche Anpassungen notwendig.

Politik: „Grüne“ Nachbesserungsforderungen

Markus Tressel, MdB Bündnis90 / Die Grünen & Mitglied des Tourismusausschusses des Bundestags

Der, in Tourismuskreisen, wegen seiner Fachkenntnisse geschätzte, Sprecher für Tourismuspolitik von Bündnis 90/Die Grünen, Markus Tressel, fordert dringende Nachbesserung bei der Insolvenzabsicherung im Pauschalreiserecht

Die Bundesregierung wünscht sich einen Reisesicherungsfonds. Wer diesen gründen und kontrollieren soll, lässt der Kabinettsentwurf jedoch offen. Ein transparentes Verfahren ist hier aber unerlässlich. Diese Fragen dürfen nicht erst im Nachhinein auf dem Verordnungsweg geklärt werden, denn die Handlungsbefugnisse sind riesig. Wer den Reisesicherungsfonds und damit das Ausgestalten von Beiträgen und Sicherheitsleistungen kontrolliert, erhält Gestaltungsmacht über die gesamte Reisebranche. Aus Wettbewerbssicht ist deshalb eine Struktur von Geschäftsführung und Beirat notwendig, die einen fairen Interessenausgleich zwischen kleinen und großen Playern der Branche und eine starke Stimme für den Verbraucherschutz sicherstellt.

Auch ob die durch Corona angeschlagene Tourismuswirtschaft das geplante Kapital von 750 Millionen Euro für den Fonds allein durch das Einzahlen von Beiträgen in nur fünf Jahren stemmen kann, erscheint fraglich. Zwar ist die Intention, an dieser Stelle die Risiken für den Haushalt zu minimieren, nachvollziehbar, aber es muss ein Weg gefunden werden, der gerade kleine und mittlere Unternehmen nicht mit zu hohen Beiträgen überfordert.

Das Gesetz soll am 1. Juli in Kraft treten. Bis dahin wird es sicher noch reichliche Diskussionen geben.

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