D-RR News 12.03.21 – ITB-NOW: Flex / Sicherheit / Nachhaltigkeit / Hoffnung

Foto: Messe-Berlin

Frieden schließen trotz Enttäuschung

Rüdiger Edelmann

Das mit der Technik auf der ITB NOW hat sich eingependelt. Wer sich nicht zu stark frequentierten Zeiten anmeldete, hatte berechtigte Hoffnung nicht wieder rauszufliegen. ITB-Chef David Ruetz sprach gestern von bis zu 40.000 Zugriffen gleichzeitig. Da geht auch der stärkste Server mal in die Knie.

Der Nachrichtenwert hat sich indes nicht besonders erhöht. Die Diskussionen brachten wenig neue Erkenntnis. Die Zielgebietspräsentationen sind geprägt von den Statements zwischen Vorbereitung, Hoffnung und der Tatsache nicht zu wissen, was, wann und wie wieder starten kann. Dafür kann die Messe nichts, das liegt in der Natur der Pandemie.

Trotzdem fehlt einer digitalen Veranstaltung etwas Wichtiges. Tourismus und Reisen leben von Begegnung mit Menschen, von Sehen, Hören, Riechen und Schmecken. Damit ist die Stimmungslage klar. So wenig wie virtuelles Reisen die Bedürfnisse wirklich befriedigen kann, kann es eine virtuelle Messe, die sich mit diesem Thema beschäftigt. Hoffen wir also auf eine „echte“ ITB im Jahr 2022.

Veranstalter: Flex-Pakete sind erfolgreich aber umstritten

Es gibt inzwischen eigentlich kaum noch deinen größeren Reiseveranstalter, der seine Preisstruktur nicht ausgebaut hat. Die sogenannten Flex-Tarif bieten eine höhere Sicherheit bei Reiseausfällen und bei Ängsten der Kundschaft. Flex heißt, bis kurz vor Reisestart kostenfrei umbuchen oder auch stornieren zu können. Wegen des höheren Geschäftsrisikos sind diese Buchungen teurer. Der Mehrpreis wird von der Kundschaft aber gerne in Kauf genommen, bietet er schließlich eine vertragliche Sicherheit, im Zweifelsfall von einer geplanten Reise zurückzutreten oder umzubuchen.

Für den Kunden gibt es aber trotzdem einiges zu beachten. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterscheiden sich zwischen den Veranstaltern. Nicht jedes Paketangebot entspricht meinen Bedürfnissen. Hier ist ausführliche Information und Beratung erforderlich.

Peter-Mario Kubsch, Geschäftsführer Studiosus-Reisen – FOTO: Studiosus-Reisen

Gleichzeitig sagen die meisten Veranstalter, dass dieses Angebot nicht dauerhaft sein kann, auch wenn die Reiseanbieter natürlich davon ausgehen, dass der Kunde bucht um zu reisen und nicht um zu stornieren. Allerdings rechne sich dieses Prinzip nicht dauerhaft. Parallel will kein Anbieter ausschließen, dass die Flextarife auch länger im Angebot bleiben könnten. Der einzige Veranstalter, der diese Flexibilität klar definiert ist Studiosus-Reisen. Der Studienreiseanbieter aus München hat dementsprechend diese Tarife auch klar als „Corona-Kulanzpaket“ gekennzeichnet. Hier lässt sich die Flexibilität auch nur bis zum Jahresende 2021 buchen.

Sicheres Reisen

In einer Diskussionsrunde des „Corps Touristique“, dem Zusammenschluss ausländischer Zieldestinationen in Deutschland, war man sich darüber einig, dass durch Teststrategien das Reisen in Corona-Zeiten sicherer geworden ist. Die Sicherheit begründet „Corps Touristique“-Sprecherin Hanna Kleber mit der bestätigten Annahme, man befinde sich fast nirgendwo in einem so stark getesteten und regulierten Bereich wie beim Reisen.

Beim Impfpass gehen die Meinungen allerdings auseinander. Einige Vertreter*innen halten es für keine gute Idee, die Gesellschaft in zwei Klassen zu spalten, bis es wirklich für jeden die Möglichkeit einer Impfung gibt.

Die Reiserealität wird aber an erfolgter Impfung als Reisevoraussetzung vermutlich nicht vorbeigehen. Fluggesellschaften wie Quantas und Singapore Airlines sind fest entschlossen, den Impfpass als Reisevoraussetzung zu verwenden. Es gibt auch schon bilaterale Abkommen, die geimpften Personen die Einreise zwischen einzelnen Ländern ohne Einschränkung ermöglicht. Wir berichteten über das Abkommen zwischen Zypern und Israel.

Nachhaltiges Reisen

Nach Einschätzung vieler Touristiker im In- und Ausland, steigt das Thema Nachhaltigkeit und umweltgerechtes Reisen auf der Bedürfnisliste der Kundschaft. In der Branche ist schon von Begrifflichkeiten wie dem „Bio-Supermarkt für Reisen“ die Rede. Um nachhaltiges Reisen flächendeckender zu ermöglichen gibt es derzeit aber keine übergreifenden Kriterien. Fast jeder Anbieter hat da Unterschiede im Programm. „Grüne Blätter“ als Kennzeichnung unterschiedlichster Angebote werden perspektivisch nicht ausreichen, zumal wenn es zum grünen Feigenblatt degeneriert.

Tourismuswissenschaftler Edgar Kreilkamp von der Leuphana Universität Lüneburg plädiert dafür, nachhaltiges Reisen positiv darzustellen, denn die Angebote hätten oft eine bessere Qualität in besseren Hotels. Er wies auch darauf hin, dass nachhaltiges Reisen nicht zwangsläufig teurer sein müsse. Nach einer Anfangsinvestition könnten zum Beispiel Hotels, die umweltfreundlich wirtschafteten, sogar günstiger sein, da die Kosten sinken würden.

Mallorca & Balearen: Partytourismus adé?

Alcudia / Mallorca – Foto: alltours

Das gestern auf der ITB NOW stattgefundene Pressebriefing war zwar wenig ergiebig in Sachen Saisonstart, wenngleich alle Inseln betonten, auf den Neustart vorbereitet zu sein. Allerdings ging, zwischen den Zeilen, klar aus den Zielgebietsbeschreibungen hervor, dass man weg will vom Partytourismus auf den Balearen. Lediglich Mallorca hielt sich etwas bedeckter. Hier war beim Reopening nur von großem Optimismus und der „Safety First“-Regel die Rede. Die auch mit dem Hashtag #mallorcasafetourism in den sozialen Medien manifestiert werden solle.

Ibiza setzt in der Bewerbung auf seine UNESCO-Welterbestätten. Menorca bringt das Thema Tourismus und Natur, mit dem schon seit 1993 existierenden Biosphärenreservat und dem „Sternenpark Menorca“ auf die Agenda. Formentera präsentierte sich als Familien- und Outdoorziel.

Alle setzen auf Qualität statt Quantität. Alle wollen mehr Umweltschutz und Besucherobergrenzen. – Was davon übrigbleibt, wenn das Geschäft wieder anläuft bleibt abzuwarten. Letztlich sind, nach wie vor, alle Inseln wirtschaftlich vom Massentourismus abhängig. Nach den großen Problemen der letzten Monate, besteht überall erhöhter Geschäftsbedarf um aus der sozialen Krise der Bewohner herauszukommen.

Das Geschäft wird zudem auch zögerlich anlaufen. Arturo Ortiz, Direktor von Turespana in Berlin hofft immerhin auf rund die Hälfte des normalen Umsatzes aus Deutschland für das Jahr 2021.

Eurowings Discover: Kleiner Start

Grafik: Eurowings Discover

Der groß angekündigte „Ferienflug-Elefant“ startet eher als Mäuschen. Auf der ITB NOW gaben CRO Marco Götz und CCO Helmut Wölfel bekannt, man wolle zunächst mit vier ehemaligen Eurowings-Langstreckenmaschinen vom Typ Airbus A340 in die Saison starten. Als Basis für alle Maschinen wurde der Airport in München genannt. Die Konzentration liegt also auf den Ferndestinationen. Hier greift die „neue“ Gesellschaft allerdings ganz klar den Lufthansa Konkurrenten Condor an. Ziele wie in der Dominikanischen Republik, den Malediven und USA-Ziele wie Las Vegas und Anchorage sind auch fester Bestandteil des Condor-Flugplans. Die geschäftliche Zielrichtung ist damit definiert. Wie Condor starten die Maschinen in einer Drei-Klassen-Konfiguration (Business, Premium Economy und Economy). Der Sitzkomfort entspricht dem der Lufthansa. Damit ist „Eurowings Discover“ dem Ferienflieger Condor überlegen.

Konkurrenz für Condor? – Foto: Condor

Vorprogrammiert bei nur vier Maschinen, ist allerdings die potentielle Verlässlichkeit der Flugdurchführung. Verärgerte Gäste denken mit Schrecken an die großen Verspätungen, die Eurowings vor Jahren bei der Aufnahme der Ferienflüge hatte. Dies muss sich nicht wiederholen, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Flüge mit „Eurowings-Discover“ sind bei der Buchung am IATA-Code „4Y“ erkennbar.

Statistik und Ausblick

(c) Messe-Berlin

Die ITB Berlin veröffentlichte gestern die aktuellen World Travel Monitor® Ergebnisse von IPK International zur weltweiten Entwicklung der Auslandsreisen im Jahr der Pandemie und zu den Reiseabsichten in 2021.

Nach überdurchschnittlich starken Wachstumsraten in den letzten 10 Jahren sei die Vorzeige-Branche Tourismus dramatisch abgestürzt und zähle zu den am stärksten betroffenen Wirtschaftsbranchen des Pandemie-Jahres. Weltweite Auslandsreisen seien 2020 um 70 Prozent zurückgegangen.

Großes Interesse an Auslandsreisen in 2021

Foto: Fraport

Die weltweiten IPK-Umfrageergebnisse vom Januar dieses Jahres geben Anlass zu Optimismus. 62 Prozent der weltweiten Reisenden haben die Absicht, noch in diesem Jahr ins Ausland zu reisen. Diejenigen, die aktuell von einer Auslandsreise absehen, nennen dafür nicht finanzielle Gründe, sondern mit großer Mehrheit das Corona-Infektionsrisiko. Dementsprechend sehen die konkreten Planungen etwas anders aus. Im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten gibt es ein überdurchschnittliches Interesse für Verwandten- und Bekanntenbesuche. Bei den geplanten Urlaubsreisen ins Ausland zeigt sich für 2021 ein hohes Interesse für den Bade- / Strandurlaub. Städtereisen liegen auf Rang zwei im Ranking der Urlaubsarten und der naturorientierte Urlaub positioniert sich neu auf Rang drei.

Bei den Reisezielen zeigt sich, laut Befragung, unter den Europäern eine klare Präferenz für europäische Reiseziele. Angeführt von Spanien folgen Italien, Deutschland und Frankreich im Ranking der bevorzugten Destinationen. Der Inlandstourismus wird eine große Rolle spielen.

Rasche Erholung?

Die Chancen für eine weltweite und rasche Erholung des internationalen Tourismus stehen gut. Der Wunsch nach Reisen ist weltweit groß, die Reiseabsichten für 2021 belegen das. Durch den zunehmend verfügbaren Impfstoff entfällt der Hauptgrund auf Reisen zu verzichten. Gelingt eine schnelle und international hohe Impfquote, trägt das maßgeblich zu einem raschen und umfassenden Aufschwung bei.

Erst mal Inlandsurlaub: Naturnahe Ferien an der Schlei (SH)

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