Boom, Probleme und Angst
Alle hoffen auf Urlaub nach langen Lockdown-Zeiten. Angeblich gibt es derzeit einen Boom in Sachen Reisen, der zumindest das geringe Tourismusaufkommen des Jahres 2020 schon übertroffen hat. Seit Ende Mai läuft es offensichtlich mit den Urlaubsbuchungen. Sogar der Vergleich mit 2019 kommt wieder an den Horizont. FTI-Geschäftsführer Ralph Schiller wird von der Fachpresse zitiert:
Ab Mitte Mai 2021 hat ein regelrechter Buchungsboom eingesetzt, und wir verzeichnen derzeit von Woche zu Woche Eingänge auf oder über dem Niveau des Vergleichszeitraums 2018/19.
Während der zentralen Sommerferienzeit ist inzwischen sogar schon von Engpässen in sehr begehrten Zielen und Hotels die Rede.
Übernachtungen in Deutschland werden knapper und teurer. Insbesondere Ferienwohnungen sind an Nord- und Ostsee fast ausverkauft und rund 18 Prozent teurer als vor Beginn der Corona-Krise. Trotzdem sind die urlaubshungrigen Gäste bereit etwas mehr zu bezahlen.
Bei Reiseveranstaltern schätzt man den Umsatz für diesen Sommer auf knapp 2,3 Milliarden Euro. Was gigantisch klingt bedeutet trotzdem einen Umsatzeinbruch von fast 7 Milliarden Euro im Vergleich zu 2019. Folgerichtig sagt Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbands:
Selbst wenn der Sommer positiv bleibt, werden am Ende wohl lediglich rund 40 Prozent des Umsatzes aus dem Vor-Corona-Jahr 2019 erreicht werden.
Zusätzlich wurden mit der „Delta-Variante“ des Corona-Virus neue mögliche Sorgen am Horizont gesichtet. Auch wenn Verbreitungsgeschwindigkeit und Gefahr noch nicht völlig absehbar sind, rät die Bundesärztekammer bereits von Reisen in Urlaubsgebiete ab, in denen die Virus-Mutation grassiert.
Bahnstreiks im August?
Die gescheiterten Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn führten schon vor einigen Tagen zur Ankündigung es könne gestreikt werden. GDL-Chef Claus Weselsky hat gestern mitgeteilt, dass es zunächst eine erforderliche Urabstimmung geben werde. Diese läuft bis zum 09. August. Das bedeutet, dass es bis zu diesem Termin nicht zu Streiks kommen wird. Danach könnten, so Weselsky, Streiks schnell auf der Tagesordnung stehen. Diese würden dann vermutlich länger dauern und härter sein als bei vorangegangenen Arbeitskämpfen.
Mit der Konkurrenzgewerkschaft EVG hatte sich die Bahn bereits im Herbst 2020 auf eine Tariferhöhung von 1,5 Prozent geeinigt. Die GDL fordert eine Erhöhung um 3,2 Prozent und eine zusätzliche Corona-Prämie für das laufende Jahr. Damit sieht man sich im Einklang mit den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst.
USA-Trips nicht erwartbar
Schwanken zwischen Hoffnung und Enttäuschung. Von Seiten der EU-Kommission hieß es vor einigen Tagen noch, dass man eine baldige Öffnung der USA für touristische Reisen erwarte. Die amerikanische Regierung indes hält bislang am Einreiseverbot fest. Inzwischen gibt es Gerüchte, dass mit einer Öffnung für touristische Reisen in die USA nicht vor Ende des Sommers zu rechnen sei. Da nützen offensichtlich auch die Apelle der US-Tourismus-Industrie an die amerikanische Regierung nichts.
Die Corona-Abschottung hat die amerikanische Reiseindustrie, laut Statistik des World Travel and Tourism Council, im letzten Jahr fast 8 Milliarden Dollar gekostet. Unzählige Arbeitsplätze in Tourismus und Hotellerie gingen verloren. Vergangene Woche gab es die Ankündigung, dass Touristen aus den USA wieder einfacher nach Europa einreisen dürfen.
Israel stoppt
Was in dieser Woche noch Hoffnung machte, gehört offensichtlich schon wieder der Vergangenheit an. Israels Regierung hat die angekündigte Öffnung für den internationalen Tourismus und die Abschaffung der Quarantänepflicht für geimpfte Besucher von Juli auf August verschoben. Die „Delta-Variante“ macht dem Land Angst.
Das Land hat in den letzten beiden Tagen mehr als 100 neue Corona-Fälle und damit den höchsten Anstieg seit April registriert.
Portugal verschiebt
Auch die portugiesische Regierung rudert zurück. Die für nächsten Montag geplanten Lockerungen für weite Teile des Landes wurden mit Verweis auf die aktuell kritische Neuinfektionslage ausgesetzt. Sie lagen gestern mit 1.556 innerhalb von 24 Stunden bei einem Wert, der seit Februar nicht mehr erreicht wurde.
Portugal hat aktuell einen Inzidenzwert von 124, bezogen auf 100 Tausend Einwohner innerhalb der letzten 14 Tage. Der deutsche Vergleichswert ist bei 25.
Die Infektions-Hotspots, mit einem Wert von über 240, liegen im Großraum Lissabon, in Sesimbra südlich der Hauptstadt, sowie in Albufeira an der Algarve. Gastronomiebetriebe und der Einzelhandel, Lebensmittelläden ausgenommen, müssen dort an Wochenenden und Feiertagen wieder um 15.30 Uhr schließen. Auf Lissabon wartet ab heute das zweite Wochenende mit einer Abriegelung.
Keine Ultra-Kurzstrecke aber mehr Premium
Die Lufthansa-Flugverbindung zwischen Nürnberg und München, die während der Corona-Krise, eingestellt worden war, kehrt nicht mehr in den Flugplan zurück. Die Verbindung wurde in den meisten Fällen als Zubringerflug für Fernverbindungen genutzt. Die Airline verweist diese Passagiere jetzt auf die „LH-Group Drehkreuze“ Frankfurt, Wien und Zürich. Der Münchner Flughafen wird mit einem Lufthansa-Expressbus angebunden.
Gleichzeitig fordert die Airline eine Verbesserung des ICE-Netzes und beklagte die fehlende ICE-Anbindung ihres Fern-Drehkreuzes München. Bis zu einer Verbesserung müsse LH das Recht behalten, Zubringerflüge nach München und Frankfurt anzubieten. Immerhin mache der Passagieranteil für solche Zubringerflüge auf den Kurzstrecken über 60 Prozent aus.
Mehr Premium ab München
Wie um „Pro München“-Argumente zu untermauern gab Lufthansa heute Morgen bekannt, ihren dortigen Premiumstandort zu stärken und künftig auf ausgewählten Strecken wieder eine First-Class anzubieten. Dafür reaktiviere man vorübergehend fünf Airbus A340-600 mit vier Reiseklassen. Ab Sommer 2022 will man damit von München aus Ziele in Nordamerika und Asien anfliegen. Im Spätsommer 2023 soll dann der erste Airbus A350 mit einer First-Class ab München starten und das Premiumangebot ergänzen.
Deutschland: Topziel der Camper
Deutschland bleibt Reiseziel Nummer 1 der deutschen Camper. Bei den ausländischen Destinationen rangiert Italien vor Kroatien und Frankreich. PiNCAMP, die digitale Campingplattform des ADAC, hat Zahlen für den laufenden Sommer ermittelt.
Bei den Inlandzielen liegen Bayern (23%) und Schleswig-Holstein (17%) vorn, gefolgt von Niedersachsen (14%), Baden-Württemberg (14%) und Mecklenburg-Vorpommern (11%). Schlusslichter sind die Bundesländer mit einer geringen Campingplatzdichte: das Saarland und die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin (alle unter 1%).
Aufgrund der Beliebtheit wird es in einigen deutschen Ecken aber offensichtlich eng. Uwe Frers, CEO von PiNCAMP, sagt:
Wir raten dazu, antizyklisch zu reisen, beziehungsweise in den Regionen Campingurlaub zu machen, bei denen die Nachfrage nicht so hoch ist. Wer jetzt noch spontan Camping in Deutschland plant, sollte sich also in weniger frequentierten Bundesländern umschauen. Mein Tipp: In Hessen, Thüringen und auch in Nordrhein-Westfalen sind noch einige Plätze frei.
Hurtig auf den Galapagos-Inseln
Hurtigruten plant ab Januar 2022 Reisen zu den Galapagosinseln. Die Abenteuerreisen sollen klimaneutral durchgeführt werden. Lokaler Partner ist der Reiseanbieter Metropolitan Touring aus Ecuador. CEO Daniel Skjeldam erklärte:
Wir beobachten ein immer größeres Interesse an einzigartigen und authentischen Reiseerlebnissen und unser Angebot wird immer stärker nachgefragt: kleine Schiffe – große Erlebnisse.
Eingesetzt werden soll das Expeditionsschiff „Santa Cruz II“, das renoviert wird. Es bietet Platz für 90 Gäste. Das Schiff soll die wachsende Flotte der Reederei an Expeditionsschiffen erweitern.
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