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Der Trip in die Musik geht endlich weiter. Von Clarksdale, Mississippi geht mein Trip weiter in Richtung Memphis, Tennessee. Eineinhalb Stunden hat mir Google Maps als Fahrzeit prognostiziert. Es dauert etwas länger. Es ist schwül-heiß. Der Abend zieht auf und vor Memphis ist der direkte Weg, dank Bauarbeiten, gesperrt. Eine Pause war geplant in Tunica: Gateway To the Blues Visitors Center und Museum. Das hat schon geschlossen, als ich vorfahre. Schade, aber bei einem solchen Mammuttrip kann man nicht Alles so programmieren, wie man’s gerne hätte. Gegen 20 Uhr treffe ich in Memphis ein, Checkin im sehr stylischen “Hotel Napolen” und mach noch einen Spaziergang in Richtung Beale Street, der Blues- und Entertainmentmeile. Ein Abendessen springt auch noch raus. Und am nächsten Morgen dann die Erinnerung an den markanten Satz aus Clarksdale. „The Blues Got A Baby and they named it Rock’n-Roll”. – Die Blues Capital muss warten. Ich will erst mal zum Rock’n-Roll. Ich will dorthin wo man sagt, hier habe das Alles angefangen.
Sun-Studio – Birthplace of Rock’n-Roll
Die Stadt ist voller Musikgeschichte, überall. Dieser spezielle Platz, 706 Union Avenue, Memphis, Tennessee, ist aber der Ort, der den Beginn in Anspruch nimmt und den Memphis-Besucher zu beinahe 100 Prozent besuchen.
Das was da auf dem Grundstück mit der Hausnummer 706 steht, ist so unscheinbar, dass man sich seiner Bedeutung kaum bewusst wird. Aber da hängt die überdimensional große Gitarre an der Hausecke. Ich mache das, was fast jeder Tourist tut: Eine Tour durchs Studio. Das ist ein Glücksfall, denn besser als Zach, mein Tourguide, kann einem vermutlich niemand, die Geschichte dieses besonderen Platzes der Musikgeschichte näher bringen. – Also lass ich ihn hier einfach zu Wort kommen. Im Podcast gibt es alle Details zur besonderen Geschichte dieses Hauses und zu Sam Phillips, dem Gründer des Memphis Recording Service, des Sun Studio und der Sun Record Company.
Bevor Elvis kam…
…gingen schon ein paar Jahre ins Land. Zach bleibt keine Frage schuldig. Wir stehen während der Führung vor einem Foto und Zach erzählt: Das sei Samuel Cornelius Philips, ein damals (1950) 27 Jahre alter, Toningenieur beim Radiosender WREZ. Die spielten Schlager und Easy Listening. Leider hasste Sam Schlager und konnte Easy Listening nicht ausstehen. Er stand auf Blues, den damals aber niemand spielte oder aufnahm. Also machte er sein eigenes Geschäft auf und nannte es “Memphis Recording Service”. Er nahm alles auf: Hochzeiten, Gottesdienste, Werbespots, alles was angefordert wurde. Vom ersten dickeren Geld kaufte er sich ein Ampex Einspur-Aufnahmegerät und eine RCA-Plattenpresse. Dann holte er sich Musiker. Die Ersten waren B.B. King, Joe Hill Lewis und Oscar Gordon Junior.
Und so begann letztlich alles doch wieder mit dem Blues. Allerdings war Sam ständig auf der Suche nach neuen Sounderlebnissen. Und so entstand dann auch 1951 die Aufnahme, die Musikfreaks als “erste” Rock’n-Roll Aufnahme anerkennen. Sie stammte von “Jackie Brenston and his Delta Cats”, deren musikalischer Kopf ein noch sehr junger Ike Turner war; Titel: “Rocket 88”. – Der Erfolg dieses Titels brachte Sam Phillips auf die Idee auch ein Plattenlabel zu gründen, denn das Geld verdiente damals die Plattenfirma von Leonard Chess in Chicago. Was Chess kann, kann ich auch und gründete 1952 die “Sun Record Company”. Erste Stars der Comany waren Rufus Thomas und die “Prisonaires”. Die Geschichten rund um diese Aufnahmen gibts im Podcast en detail.
Elvis, Sam, Marion und Dewey…
Die Geschichte um den Start von Elvis Presley ist lang, voller Legenden und an diversen Stellen nicht hunderprozentig belegt. Fest steht nur, dass, dass Sam Phillips das Kennenlernen und die erste Aufnahme, die gleich zum Hit wurde, seiner Assistentin Marion Keisker zu verdanken hatte. Ohne Marion, kein “King of Rock’n-Roll behaupten Kenner der Geschichte heute. Sie überzeugte Sam davon, einen Aufnahmeversuch zu wagen. Auch der wäre beinahe noch schief gegangen, hätte Elvis nicht, nach der schon abgebrochenen Produktion, begonnen einen Bluestitel zu spielen. – Das elektrisierte Sam, die Aufnahmesession begann von vorn und zwei Stunden später, hatte Sam Phillips eine Probepressung in händen und trug sie sofort zu seinem Kumpel und DJ Dewey Phillips (nicht verwandt, nicht verschwägert) ins Studio von Radio “WHBQ”. Dewey spielte “That’s Alright” innerhalb von 3 Stunden vierzehn Mal. Sam nahm Elvis unter Vertrag. Der Hit war geboren und der Star folgte alsbald.
Der 35.000 Dollar Deal, die neuen Stars und das “Million Dollar Quartet”
Elvis, der Star, entwickelte sich steig und langsam. Sein Durchbruch kam letztlich erst, als Sam Phillips den Vertrag mit Elvis auflöste und Presley im Jahr 1955, für die damals unglaubliche Summe von 35.000 Dollar, zum Plattenlabel RCA wechselte. Sam Phillips war finanziell saniert und begann nach neuen Talenten zu suchen. Er fand sie im Lauf der Jahre mit Johnny Cash, Carl Perkins, Jerry Lee Lewis und Roy Orbison.
Dann ist da noch die Geschichte vom “Million Dollar Quartet”, die zeigt, welches Marketingtalent Sam Phillips war und mit welchen, teilweise illegalen und halblegalen, Mitteln er im Musikgeschäft arbeitete. Die Story rund um eine Promoaktion war eine seiner cleversten Schachzüge. Hört Euch die Story im Podcast an! – Carl Perkins war sicher einer dergrößten Sun-Stars. Er holte auch die erste Goldene Schallplatte für Sam mit seinem Hit “Blue Sude Shoes”.
Das Geschäft wuchs, die Räume wurden zu klein und Sam Phillips zog um. Mit der Weiterentwicklung der Musik ging der “Musikstern” bald schlechteren Zeiten entgegen. 1969 verkaufte Sam, Studio und Label. Das Haus in der Union Avenue hörte keine Musik mehr bis zum Jahr 1985. Das es heute wieder für “Sun” steht, ist der Idee der Sun-Stars Johnny Cash, Carl Perkins, Jerry Lee Lewis und Roy Orbison zu verdanken. Ein Reunion sollte es werden, ein Album sollte entstehen, die alten Zeiten sollten hochleben. – Das gelang mit dem Musikprojekt “Class of 55”. Das alte Studiogebäude stand leer, wurde reanimiert und restauriert. – Danach entstand das Album.
Und so kam es zur Auferstehung des alten “Sun-Studios” – Die Legende lebt wieder, wandelte sich im Lauf der Jahre zu einem Geschäftsbetrieb, der tagsüber Touren in den “Rock’n-Roll” anbietet und abends, wie in alten Zeiten, als Produktionsstudio arbeitet. Es ist beliebt in der Rock- und Bluesszene. Wer die Künstlerliste liest, gerät ins Staunen. Diese Namen sind nur der kleine Auszug einer langen Liste: Def Leppard, Paul Simon, Ringo Starr, Matchbox 20, Chris Isaac, Bonnie Raitt, Tom Petty, U2.
Sun-Philosophie
Was aber ist dran an der Legende “Sun”? – Als Touristenattraktion ist Sun-Studio in Memphis eine feste Größe. An guten Tagen werden bis zu 900 Besuchern durch die Räume geführt.
Zach, mein Guide fasst es im Podcast-Interview so zusammen:
Dieser Platz hat die Welt verändert. Wo stünden wir heute ohne diese Musik? Rock’n-Roll hat die Lebensweise der Menschen verändert. In den 50ern ging es nur um Standards und darum, wie man sich zu verhalten habe. Der Rock’n-Roll hat den Menschen die Individualität gegeben, eine freie Art sich auszudrücken. Das war neu, anders. Das hat den Leuten Freiheit gegeben.
Seine Äußerungen zum gesellschaftlichen Einfluss von Rock’n-Roll und dem Einfluss von Musik auf Bürgerrechte und Bürgerrechtsbewegung sind ebenfalls im Podcast nachhörbar.
Information:
www.memphis-mississippi.de
www.deep-south-usa.de/
de.tnvacation.com/
Hinweis:
Diese Reise und Recherche wurde unterstützt von Condor (50% Flugpreisreduktion), Alamo Rent-a-Car (50% Rabatt), sowie den Tourismusorganisationen von Mississippi, Tennessee und Alabama. (Hotelunterkünfte und Rechercheunterstützung). Vor Ort unterstützten mich lokale Tourismusbüros, sowie einige Hotels.
Dies hat keinen Einfluss auf eine unabhängige Berichterstattung!
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