Business ist Business ist Business?
Welche Businessklasse erwartet einen, wenn man bei United einen Transatlantikflug bucht? – Das genaue Nachschauen auf den Sitzplänen des gebuchten Flugs lohnt sich. Die Preise für das Ticket ist, je nach Strecke – dasselbe. Der Komfort an Bord unterscheidet sich erheblich.
Meine Story 1
Man kann auch „Pech“ haben, wie ich. Mein Flug nach Los Angeles mit Umstieg in New York war am 31. Mai um drei Stunden verspätet. Vorweg: Für ein Gewitter, das zu dieser Verspätung führte, konnte United nichts. Aber welch eine Enttäuschung, dass ich nicht in eben jener „Polaris Business Class“ über Newark nach LAX fliegen sollte, sondern umgebucht wurde auf die Maschine nach Chicago. Ja, ich wollte an diesem Tag fliegen, das Umbuchen war alternativlos.
Polaris – Version 1
Warum ich das schreibe? Die Strecke über Newark hätte in der „neuen“ Polaris-Business-Class stattgefunden. Sitzkonfiguration pro Reihe: 1 – 2 – 1. Die Sitze sind gewissermaßen kleine „Suiten“, bieten viel Platz, noch mehr Privatsphäre und garantieren eine entspannte Reise. Von Newark nach Los Angeles bietet United, als Transkontinentalflug, denselben Service. Zusätzlich setzt United auf diesen Strecken ihre neuen Dreamliner (Boeing 787-10) ein. Diese Maschinen sind mir allein deshalb so sympathisch, da sie über ein alternatives Luftansaugsystem verfügen, das sicherstellt nicht in einem „Fume-Event“ (siehe unsere Artikel zum Thema) zu enden. Die Vorfreude war also groß bis zur notwendigen Umbuchung.
Meine Story 2
Dann eben Chicago, wenngleich ich den Flughafen, bzw. die Einreiseprozedur dort, hasse. ORD erwartet einen eigentlich immer mit einer nicht enden wollenden Warteschlange vor den Einreiseschaltern. So auch diesmal und die dreieinhalb Stunden Layover haben, wieder einmal, gerade so gereicht, um den Anschlussflug zu kriegen. In 60 Prozent all meiner Flüge über Chicago-O’Hare habe ich den Anschluss übrigens verpasst. Deshalb: Bei Anschlussflügen nach der Einreise sollte man sich, wenn irgend möglich, das Umsteigen in ORD ersparen.
Woran ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedacht hatte, war die Bestuhlung der Boeing 777-200, die auf mich wartete.
Polaris – Version 2
Schon als inzwischen ausgestorben geglaubt, empfing mich die alte Business-Bestuhlung mit der Sitzreihenkonfiguration 2-4-2. Zudem hatte ich die große Freude zum ersten Mal in meinem „Reiseleben“ rückwärts zu fliegen. Es wurde also eng, denn natürlich bekommt man die komplette „Polaris“-Ausstattung, mit 2 Kissen, zwei Decken, Stoffslipper, Amenity-Kit, Wasserflasche etc. Das liegt alles dort, wo man sich hinsetzen soll. Wer sich setzt, steht vor der unlösbaren Frage: Wohin damit? Es bleibt letztlich nur der Fußboden. In den Mittelreihen verschärft sich das Problem, denn vier Sitze nebeneinander führen ohnehin schon zum „klaustrophobischen Eco-Syndrom“. Wenn da noch das „Komfort-Angebot“ hinzukommt, fühlt man sich wie in der Sardinenbüchse.
Ganz nebenbei: Rückwärts fliegen ist gewöhnungsbedürftig aber harmlos. Die kulinarische Versorgung unterschied sich nicht vom angesagten „Polaris“-Standard.
Von Chicago nach Los Angeles wartete dann eine ältliche Boeing 757 mit der amerikanischen „First-Class“, bestehend aus etwas breiteren „Recliner”-Sitzen. Fazit des Umbuchens: Route A wäre das perfekte Flugerlebnis gewesen. Route B kommt, bei gleichem Preis, an den Flugkomfort nicht ran.
Meine Story 3
Wer hinfliegt, fliegt in der Regel auch wieder zurück. So geschehen am 10. Juni. Geplant war die Strecke LAX – Denver – Frankfurt. Dabei blieb es auch und, in heutigen Zeiten fast schon ungewöhnlich, beide Flüge starteten on Time und kamen pünktlich an. Das Einchecken in Terminal 5 in Los Angeles verlief reibungslos, der Sicherheitscheck ging schnell und dann stand ich vor einer reizenden Lady am Counter des „United Club“, die mich freundlichst darauf hinwies, dass es doch für international fliegende Businesskunden, die neue „Polaris Business Lounge“ gäbe. Wenn mir der Weg dorthin nicht zu weit wäre, sollte ich dieses Angebot doch nutzen.
Polaris – Lounge
Das war ein sehr guter Tipp. Diese neue Lounge hat ihren Namen wirklich verdient. Großzügig, hell, wenig bevölkert, Blick aufs Vorfeld und frischer Obstsalat statt Waschmöhren und Stangensellerie, Frühstücks-Frittata statt Käseecken, frisches Gebäck statt Kräcker, Espressomaschine statt Kaffeekanne. Dazu kommt ein fast schon gemütliches Ambiente und eine wirkliche „Full-Bar“ auch schon morgens um 7 Uhr (nicht, dass ich sie gebraucht oder genutzt hätte). – Waschräume, Duschen, Internetarbeitsplätze, freies WLAN, a la Carte-Restaurant – alles vom Feinsten. Dieser Standard entspricht sehr genau dem der Polaris-Version 1 mit der großzügigen Platzausstattung. Chapeau, das kann sich sehen lassen.
Meine Story 4
Das Flugerlebnis nach Denver mit einem Airbus A 320 enthielt wieder die berüchtigte „First-Class“. Bei einem Flug von nur knapp drei Stunden geht das. – Am Airport in Denver gab’s dann wieder „nur“ einen, ziemlich überfüllten „United Club“. Das kennt man, das weiß man und man stellt sich darauf ein. Mit dem Boarding meines Flugs nach FRA in einer Boeing 787-8 wartete dann eine weitere Bandbreite des undurchsichtigen „Polaris Spektrums“.
Polaris – Version 3
Bei der Reihen-Sitzkonfiguration 2-2-2 handelt es sich offenbar um eine Weiterentwicklung der Version 2 bevor man über Version 1 nachgedacht hat. Immerhin gibt es keine „Vierersitz-Käfighaltung“. Dafür wäre der Dreamliner auch nicht breit genug. Die Sitze sind leicht schräg zum Fenster ausgerichtet. Die Mittelsitze gehen, eher unmotiviert ebenfalls nach rechts. Sei es drum. Hier gibt es etwas mehr Platz für die Polaris-Utensilien. Vom Standard der „richtigen“ Polaris-Klasse ist man aber immer noch weit entfernt. Dass dies auch die United-Manager so sehen, entnimmt man der Ankündigung, dass auch in die Dreamliner der Serie 8 und 9 in naher Zukunft eine echte „Polaris-Business“ eingebaut werden solle. Klingt gut, allerdings hätten es die letzten Maschinen der 777-200 sehr viel nötiger!
Meine Story 5
Dieser (Nacht-)flug war dann doch sehr angenehm. Ich hatte einen Gangplatz und mein Sitznachbar schlief durch, nachdem er sich vorher mit einer Unzahl von Bierdosen “beschäftigt” hatte. – Das Menü war schmackhaft. Beim Service fehlte aber, wieder mal, so ein kleiner Kick zur wirklichen Professionalität. Nur ein Beispiel von mehreren: Im Gegensatz zu den vorangegangenen Flügen gab es keine Weinkarte. Nicht wirklich tragisch. Als ich jedoch fragte, welche Weine im Angebot seien, konnte mir das die ansonsten sehr fröhliche Flugbegleiterin nicht beantworten und brachte mir… eine Weinkarte. Ich denke: Also entweder Weinkarte oder sachgemäße Auskunft. Aber keine Weinkarte und keine Auskunft und dann plötzlich doch eine Weinkarte, das ist stümperhaft. Es sind keine großen, tragischen Fehler, die passieren. Wer aber den Anspruch erhebt, eine wirklich noble und auch teure Business-Class anzubieten, dem dürfen solche Kleinigkeiten nicht passieren.
Mein Hinweis zur Recherche
Ganz individuell beklage ich mich auch nicht darüber, da bin ich dann doch inzwischen amerikanisch-locker. Vor allem, das soll nicht unerwähnt bleiben, hatte ich von United Airlines ein Business-Ticket zu einem Sonderpreis erhalten, den alle Teilnehmer*innen der jährlichen Tourismusmesse IPW in Anspruch nehmen können. Den vollen Ticketpreis von rund 4.500 Euro hätte ich mir auch nicht leisten können und wollen. Nichtsdestotrotz: Auch wer „nur“ 1.300 Euro bezahlt hat, darf sich an Bord und im Angebot umsehen und eine Meinung dazu haben. – Das sogenannte „Feedback“ ist doch wichtig für den Anbieter und für den Kunden erst recht.
Das DRR-Polaris-Business-Video
Gedreht und entstanden im Juni 2018 auf dem Rückflug von Denver nach Frankfurt im Teilabschnitt zwischen Newark (EWR) und Frankfurt Rhein-Main (FRA)
Tipps zusammengefasst
- Bei der Buchung eines United-Businessclass-Tickets darauf achten, mit welcher Sitzplatzkonfiguration man unterwegs ist. Die Komfortunterschiede sind erheblich zum gleichen Preis.
- Falls diese Unterschiede absehbar bleiben, sollte United darüber nachdenken, je nach Ausstattung, unterschiedliche Preise aufzurufen. Wäre fair, insbesondere gegenüber dem Vollzahler.
- Wer beim Transatlantikflug, nach der Einreise am ersten Airport, eine Anschlussverbindung gebucht hat, sollte reichlich Layover-Zeit einkalkulieren und vor allem den Internationalen Flughafen Chicago-O’Hare (ORD) meiden.
- Wer vor dem Abflug oder bei Zwischenlandungen am Flughafen eine „Polaris Business Lounge“ findet, sollte sie unbedingt nutzen. Dieses Konzept ist für United ein meilenweiter Schritt in die richtige Richtung. Die Lounge ist wirklich spitze.
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