Normalerweise halte ich mich mit ausschließlich politischen Kommentaren zurück, wenn sie, zumindest auf den ersten Blick, so gar nichts mit Tourismus zu tun haben. Das, was über das Pfingstwochenende in Kalifornien „abging“ ist so weitreichend, dass es sicher auch weitere Auswirkungen auf den Tourismus haben wird und der Kommentierung bedarf.
Nationalgarde gegen Bevölkerung. Die These ist leicht gesagt, da sie fest steht. Aber es ist auch der politische Streit zwischen einem der beliebtesten Reiseziele der Deutschen in den USA und der Bundesregierung, bzw. genau genommen dem US Präsidenten.
Wird dies ein Symbol dafür, wie ein durchgeknallter Präsident künftig mit seiner Bevölkerung umgehen wird? Fährt die Nationalgarde demnächst auch in Boston, Cambridge, Harvard auf? Begrüßt sie die Touristen perspektivisch bereits kurz nach der Einreise? Stürmt sie bei passender Gelegenheit auch Medien-Networks wie NBC, ABC oder CNN? Ich hoffe nicht und befürchte gleichzeitig das Schlimmste. Vor Jahren hätte ich noch gesagt: Nein, völlig unmöglich. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher.
Als Reisejournalist, der sich Jahrzehnte mit Zielen in den USA beschäftigt hat, Menschen mit Bewusstsein und Überzeugung dazu brachte, dieses großartige Land zu besuchen, muss ich mich inzwischen fragen, ob ich nach solchen Kommentaren je wieder ins Land gelassen werde. Wie weit ist es gekommen?
„America, The Beautiful“ – Was ist davon übrig geblieben? Meine Lieblingsversion des Lieds stammt von Weltstar Ray Charles. Was er heute zu seinem Land sagen würde?
Brand USA vor dem finanziellen Aus?
Die Tourismuswerbung für die USA gerät zunehmend ebenfalls ins Fadenkreuz der amerikanischen Regierungspolitik.
Der US-Senatsausschuss für Handel, Wissenschaft und Verkehr hat beantragt das Jahresbudget von Brand USA von 100 Millionen auf 20 Millionen Dollar zu reduzieren. 80 Prozent weniger Geld bedroht die Existenz der Organisation.
Die Lobbyisten laufen Sturm. Die „US Travel Association“ äußert sich „besorgt” und verlangt eine Rücknahme solcher Pläne:
Mit einer Wirtschaftsleistung von 2,9 Billionen Dollar und über 15 Millionen amerikanischen Arbeitsplätzen, die auf dem Spiel stehen, kann es sich die Reisebranche nicht leisten, übersehen zu werden.
Sieht nicht gut aus…
Flughafen Los Angeles (LAX) – Foto: Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD
Die Statistik weist jetzt schon ein Minus von 5 Prozent bei der Ankunft ausländischer Touristen aus. Zu Jahresbeginn war noch von einem Wachstum um die 9 Prozent die Rede.
Man darf gespannt sein, ob es auf der größten amerikanischen Reisemesse IPW, die am Wochenende in Chicago beginnt, mehr oder schlimmstenfalls weniger konkrete Statements zum Thema geben wird. In der ersten Amtsperiode von Donald Trump fand das klare Statement: “Brand USA is here to Stay” klaren Anklang und hatte Erfolg.
Ansprüche sind gut und schön, geraten aber an Grenzen, wenn sich das Geschäft nicht so entwickelt, wie erhofft.
Der deutsche Reisemarkt präsentiert sich zur Sommersaison 2025 dynamisch. Die Lust auf Urlaub ist so groß wie lange nicht. Unter dem Eindruck schwacher Konjunktur und steigender Preise werden die Folgen des Klimawandels aber zunehmend ausgeblendet. Die Reisefachmesse ITB Berlin hat jetzt aktuelle Entwicklungen eingeordnet und weist auf neue Herausforderungen aber auch Chancen hin.
Verbrauchertrends
Foto: Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD
Bei der Wahl ihrer Urlaubsziele verhielten sich die Bundesbürger berechenbar. Die beliebten Warmwasserziele am Mittelmeer erlebten erneut eine starke Nachfrage, die Zahl der Frühbucher nehme weiter zu. Vor allem Familien sorgten dafür, dass die Türkei mit ihrem umfangreichen All-inclusive-Angebot erneut beim Umsatz zulegten. Das Land bleibe auch in diesem Jahr umsatzstärkstes Flugpauschalreiseziel, gefolgt von Spanien und dem Drittplatzierten Griechenland. Reisen stehe auch in diesem Jahr ganz oben auf der Konsumwunschliste und dies trotz aller ökonomischen und geopolitischen Herausforderungen.
Umwelttrends
Wo Verbraucherentscheidungen über Urlaubsmodalitäten zunehmend von Preiskriterien dominiert würden, heißt es in der ITB-Analyse, gerieten qualitative Faktoren in den Hintergrund. Nachhaltigkeitsaspekte, wie etwa eine umweltfreundliche Anreise oder das Mobilitätsangebot am Urlaubsort, rangierten bei den Kriterien für die Buchung nach wie vor auf den hinteren Plätzen.
Laut ADAC-Reisemonitor sei nur etwa ein Fünftel der Menschen grundsätzlich bereit, einen Aufpreis für nachhaltige Zusatzleistungen wie etwa regionale Produkte zu bezahlen. Gleichzeitig jedoch sei der Wunsch nach intakten Umweltbedingungen vor Ort größer denn je. Immerhin gäben 18 Prozent aller Befragten an, dass sie bei ihrer Urlaubsplanung die Gefahr möglicher Naturkatastrophen wie Waldbrände, Fluten oder andere Wetterextreme in Betracht ziehen. 2022 waren dies nur 14 Prozent.
Zukunftsfähigkeit
Reisebüro – Foto: TUI AG
Eine wachsende Zahl der Urlauber lebt im Konflikt zwischen Anspruch und realem Verhalten. Viel bedeutender als Maßnahmen zum Klimaschutz sind für die Reisenden die Attraktivität des Reiseziels und der Preis. Wissenschaftler sehen bei dieser Aufgabe eher die touristischen Leistungsträger in der Verantwortung. Sie sagen, Nachhaltigkeit sei nicht nachfragegetrieben. Nicht die Urlauber, sondern die Reiseunternehmen müssten voran gehen. Dabei gehe es nicht nur darum, nachhaltige Konzepte zu erstellen und in das touristische Produkt zu integrieren, sondern auch darum, diese Angebote im Rahmen der unternehmenseigenen Marketingstrategie sichtbar zu machen.
Reiserecht: Fluggastrechte in Europa
Flugzeug am Gate in Düsseldorf (Symbolbild) – Foto: Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD
Rechtlich waren wir in den letzten Jahren als Verbraucher fein raus. Das europäische Fluggastrecht gab deutlich und unmissverständlich vor, welche Ersatzleistungen von Fluggesellschaften bei Verspätungen oder Flugausfällen erbracht werden müssen.
In der vergangenen Woche haben sich nun die Verkehrsminister der EU-Staaten getroffen und über eine „Verifizierung“ dieses Gesetzes diskutiert. Herausgekommen ist, aus Verbrauchersicht, nicht nur Gutes.
Neue Planungen
An Entschädigungen wurde grundsätzlich nicht gerüttelt. Die Summen unterscheiden sich aber. Sollte das neue Gesetz verabschiedet werden erhielten Passagiere künftig
250 Euro für Flüge bis 1500 Kilometer
300 Euro für Flüge bis 3500 Kilometer
500 Euro für Langstreckenflüge mit mehr als 3500 Kilometern
ab vier (auf der Langstrecke ab sechs) Stunden Verspätung bei Ankunft am Zielort. Selbstredend nur dann, wenn die Fluggesellschaft dafür verantwortlich ist. Hier hat man der Airline-Lobby nachgegeben, die damit argumentiert, dass es so gut wie unmöglich sei, beim Ausfall innerhalb der bisherigen Frist von drei Stunden eine Ersatzmaschine zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wurden die Entschädigungssummen reduziert.
Dienstleister zur Einforderung der Entschädigung, wie z.B. „Flightright“ betonen zudem:
Wenn die vorgeschlagene Revisionsfassung tatsächlich gesetzlich umgesetzt wird, fallen bis zu 60 Prozent der heutigen Entschädigungsfälle ersatzlos weg.
Das wäre ein klarer Erfolg der Airline-Lobby. Gleichzeitig könnten Airlines in Zukunft auch Handgepäckgebühren erheben. Es gibt aber auch einige „kleinere“ Regelungen, die zugunsten der Passagiere ausfallen. Noch ist aber nichts endgültig, das Gesetz noch nicht im Europaparlament verabschiedet.
Helgoland: Impulse fürs Geschäft
“Pensioniertes” Börteboot Lottjen in Bremerhaven (Symbolbild) – Foto: Thorsten Ernst / Lottjen e.V.
Eine Ankunft auf Helgoland ist ein Abenteuer, die mit den Börtebooten gleichzeitig auch touristische Attraktion sind. In diesen „Genuss“ kommen bisher hauptsächlich Fährpassagiere aus Hamburg oder Cuxhaven.
Auf Deutschlands einziger Hochseeinsel, denkt man jetzt laut über die Ausweitung des Besucherandrangs nach. Kreuzfahrten wären doch auch eine gute Idee, das Geschäft mit den Tagesgästen auszuweiten. Bisher laufen Helgoland nur etwa 10-15 kleinere Cruise-Schiffe pro Jahr an.
MS Europa in Travemünde (Symbolbild) – Foto: Rüdiger Edelmann / ttb-media TON-TEXT-BILD
Das soll mehr werden und angeblich sind auch schon Gespräche mit Reedereien darüber geführt worden. Schiffe mit mehr als 800 Passagieren wolle man nicht, diese Zahl sei aber vertretbar. Immerhin, in diese Kategorie fallen Schiffe wie die „Europa“ oder die „Hanseatic“.
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