D-RR News 12.04.21 – Risikogebiete / SH-Modell / Saarland „100“ / Impfpflicht

Rüdiger Edelmann

Klar ist irgendwie, dass wieder mal nichts klar ist. Da haben wir auf der einen Seite Öffnungsprojekte in Urlaubsregionen, die offensichtlich wohlüberlegt und gut geplant sind. Auf der anderen Seite warnen Virologen und Mediziner vor der dritten Welle, die sich zweifelsfrei auftürmt und sofortige Maßnahmen erfordere. Dazu kommt das überarbeitete Infektionsschutzgesetz des Bundes, das eine automatische Notbremse beim Inzidenzwert von 100 vorsieht und für alle Bundesländer verpflichtend sein soll. Wie geht das unter einen Hut, fragt sich jeder Normalverbraucher. Ich sehe gleichzeitig auf Mini-Modellprojekte meines Bundeslands Hessen. Eines davon, in meinem Wohnort, sieht Öffnung von Geschäften und Außengastronomie ausschließlich für die Einwohner des Orts, nach täglicher Testung, vor. Dies bei einer aktuellen Inzidenzzahl im Landkreis von heute 118,3. Die Reaktion schwankt zwischen Freude und der Frage: Sind die denn von allen guten Geistern verlassen?

Und schauen wir auf die Reisebranche. Auch hier kommt es von Betroffenen zu eher seltsam wirkenden Umtrieben. Die wirtschaftliche Katastrophe lässt sich, selbst bei bestem Willen, nicht kleinreden. Das Buchungsaufkommen 2021 ist noch schlechter als im letzten Jahr. Gleichzeitig blubbert TUI-Chef Friedrich Joussen etwas von der Vorfreude auf den russischen Impfstoff „Sputnik 5“. Ist das Druckerzeugung zur schnelleren Freigabe eines noch nicht zugelassenen Impfstoffs?

Ja, auch ich warte auf meine Impfung. Gleichzeitig nehme ich übers Wochenende zur Kenntnis, dass Altersgenossen (über 60 und Risikogruppe 3) in NRW bereits geimpft werden und ich mich in Hessen nicht einmal registrieren kann. Wie passt das alles zusammen? Jeder zerrt aus eigenem Interesse in eine andere Richtung. So machen wir keine wirklichen Fortschritte. Es fällt mir, bei aller Freiheitsliebe, schwer zu sagen, dass wir Einheitlichkeit brauchen. Wenn nicht, wächst der Zorn weiter, leider auch mit den bekannten irrationalen, politischen Folgen.

Hochinzidenz- und Risikogebiete

Seit gestern gehören Kroatien und die Türkei, sowie auch Armenien und die Ukraine neu zu den Hochinzidenzgebieten mit den dazugehörigen Reise- bzw. Rückreisevorgaben.

Es gibt aber auch erfreuliche Informationen. Malta, Lettland und die Slowakei gelten jetzt wieder als „einfache“ Risikogebiete.

Für Israel wurde die Einstufung als Risikogebiet ganz aufgehoben. Eine Quarantänepflicht bei Wiedereinreise entfällt damit. Allerdings hält sich der Reiseverkehr nach und von Israel in engen Grenzen, da es nach wie vor ein Einreiseverbot der israelischen Regierung gibt, das nur wenige Ausnahmen zulässt. Die palästinensischen Gebiete Israels bleiben Hochinzidenzgebiet.

Letztlich gilt weiterhin für alle Einreisenden nach Deutschland die Vorlage eines negativen Corona-Tests als Bedingung zum Boarding eines Flugs nach Deutschland.

Schleswig-Holstein mit Modellprojekten

Seit heute dürfen Schleswig-Holsteins Gastronomen wieder draußen bewirten, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz an ihrem Ort stabil unter 100 liegt. Dieser ersten Freude folgte im Norden die Zweite.

Wie der NDR am Wochenende berichtete, werden die geplanten Modellprojekte innerhalb Schleswig-Holsteins konkret. Am 19. April will man in festgelegten Regionen mit Öffnungen beginnen.

Diese Regionen sind: Sylt, der Urlaubsort Büsum, die Schleiregion (inklusive Eckernförde) und die innere Lübecker Bucht (Timmendorfer Strand, Scharbeutz, Haffkrug, Neustadt, Pelzerhaken und Rettin). Eine Öffnung im Kreis Nordfriesland soll am 1. Mai folgen.

Die Schlei, eines von Schleswig-Holsteins Modellprojekten für Tourismusöffnung

Die Projekte sind befristet und sollen zunächst für vier Wochen gelten. Allerdings müssen die regionalen Gesundheitsämter den jeweiligen Strategien noch zustimmen. Gleichzeitig ist klar, dass der 7-Tage Inzidenzwert in allen Regionen unter 100 sein und bleiben muss.

Wirtschafts- und Tourismusminister Bernd Buchholz erklärte zur Kompetenz der Gesundheitsämter:

Das heißt auch, dass im Ernstfall – unabhängig vom Inzidenzwert eines Kreises – jedes Modellprojekt durch das Veto des örtlichen Gesundheitsamtes abgebrochen werden kann und die Gäste nach Hause geschickt werden.

Was in den einzelnen Regionen geht oder auch nicht geht ist unterschiedlich. Interessierte Urlauber müssen sich also vorher über die Regeln informieren. Grundbaustein in allen Regionen ist eine ausgedehnte Testkonzeption. Dazu gehört die Vorlage eines negativen Tests bei Anreise, gefolgt von weiteren Tests während des Aufenthalts. Die jeweils aktuellen Inzidenzwerte finden sich im Webangebot des NDR.

Ferienhäuser bei Pelzerhaken (S-H) / Ostsee

 

Saarland „über 100“

Damit steht die saarländische „Corona-Ampel“ wieder auf Gelb, nach der Steigerung des Inzidenzwerts über 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Die Folge sind erweiterte Testpflichten, zum Beispiel für den Einzelhandel.

Eine „rote Ampel“ droht bei Überlastung des Gesundheitssystems. Die verbindliche Notbremse eines neuen Infektionsschutzgesetzes würde dies bereits jetzt vorschreiben.

Trotz bereits steigender Inzidenzwerte, trat im Saarland erst am letzten Dienstag eine „Öffnung nach Test“ z.B. für Außengastronomie, Einzelhandel, Theater, Museen, Fitness-Studios und mehr in Kraft.

NCL: Impfpflicht keine Dauerlösung

Wir berichteten am letzten Mittwoch von der geplanten Impfpflicht für Kreuzfahrten, die die Reederei Norwegian Cruise Lines (NCL) bekanntgegeben hatte.

Das Fachportal „cruisetricks.de“ hat mit den Chefs von NCL eine Videokonferenz durchgeführt und berichtet ausführlich über die Planungen und auch die „Bauchschmerzen“ der Macher. Nachdem viele europäische Reedereien bisher ohne Impfpflicht auskommen wollen, bestätigte der „Managing Director Europe“, Kevin Bubolz, dass dies eine Maßnahme in Richtung möglichst absoluter Sicherheit sein solle. Die Impfpflicht sei hoffentlich eine vorübergehende Maßnahme auf dem Weg zur Normalität. – Das komplette Interview mit vielen fundierten Facts und Meinungen gibt es auf CRUISETRICKS.DE  .

Abendstimmung in Fort Lauderdale Beach
NCL: Impfpflicht an Bord ist keine Dauerlösung

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